Saturday, August 26, 2017

Good Government Needs Education

„Religion, morality, and knowledge, being necessary to good government and the happiness of mankind, schools and the means of education shall forever be encouraged.“

INSCHRIFT über dem achtsäuligen Eingangsportikus von Angell Hall, einem zentralen Vorlesungsgebäude der University of Michigan in Ann Arbor. Die renommierte Universität kann in diesem Jahr ein rundes Jubiläum feiern: Gegründet wurde sie genau heute vor 200 Jahren, am 26. August 1817 in Detroit. Das war knapp 20 Jahre, bevor das Territorium von Michigan ein Bundesstaat wurde. Weil Lansing das Rennen um die Hauptstadt und den Sitz der Staatsregierung machte, wollte Ann Arbor wenigstens die Universität haben. Angell Hall wurde im Jahr 1924 fertiggestellt; der Architekt war Albert Kahn aus Detroit.

Sunday, August 20, 2017

Ein bisschen Sonnenfinsternis

Ich weiß noch, wie ich als Schulkind einmal ein Loch in ein Stück Karton bohrte. Dann hielt ich das Kartonstück dergestalt gegen ein Stück weißes Papier, dass die Sonne durchscheinen konnte. Wie die Versuchsanordnung nahelegt, geschah dies zur Zeit einer partiellen Sonnenfinsternis, denn auf dem Papier erschien natürlich ein kleiner Halbmond. Das muss Anfang der Siebzigerjahre gewesen sein. Immerhin war dieses Ereignis so bedeutsam, dass es mir im Gedächtnis geblieben ist. Und seit damals weiß ich, dass man dabei keinesfalls in die Restsonne blinzeln darf. Sonst schlecht. Sonnenfinsternis-Schutzbrillen gab es damals, soviel ich weiß, noch keine.

Als Menschen meines Jahrgangs, die im Südwesten Deutschlands lebten, einer totalen Sonnenfinsternis entgegenfieberten, waren diese Schutzbrillen längst erfunden und ein kommerzieller Hit. Ich kann mich nicht mehr genau daran erinnern, aber wir hatten bestimmt welche dabei, als wir zum Eclipse Viewing gingen, wie man das heute nennen würde. Und ich muss nur ganz kurz nachdenken, um mich auf das Datum zu besinnen: Die Sonne verfinsterte sich am 11. August 1999, am 25. Geburtstag meiner kleinen Schwester. Besser gesagt: Die Sonnenfinsternis wäre noch eindrucksvoller gewesen, hätte auch das Wetter ein bisschen mitgespielt. Aber wie Wikipedia lapidar bemerkt: „In weiten Teilen dieses Gebietes bestand zur jeweiligen Totalitätszeit relativ dichte Bewölkung, sodass dort eine Beobachtung der eigentlichen Verdeckung für viele schwer möglich bis unmöglich war.“

Unter den vielen waren auch meine beiden Geschwister und ich. Der Himmel war schon ziemlich überzogen, als wir den Weg zur Wurmlinger Kapelle emporstiegen. Der Kapellenberg, so hatten wir uns gedacht, wäre ein besonders markanter Ort für dieses einmalige Ereignis. Es war dann in der Tat eindrucksvoll, wie es um die Mittagszeit auf einmal tiefschwarze Nacht wurde. Sonst sah man, wie gesagt, nix. Aber es wurde richtig kalt, daran kann ich mich noch gut erinnern. Leider wurde es aufgrund der dicken Wolkendecke auch dann nicht mehr richtig hell, als die Sonne wieder aus dem Mondschatten trat. Viel wärmer wurde es auch nicht mehr.

Und dann fing es an zu regnen.

Etwas bedröppelt machten wir uns auf Rückweg, und als wir wieder unten bei den Fahrzeugen ankamen, waren wir klatschnass. Die totale Sonnenfinsternis von 1999: ein totaler Reinfall.

Ich nehme an, dass dies die beste Chance auf eine Beobachtung der Sonnenkorona war, die ich zu meinen Lebzeiten hatte. Der schmale Streifen der totalen Sonnenfinsternis, der sich morgen über Nordamerika ziehen wird, ist nämlich mindestens siebeneinhalb Fahrstunden in Richtung Süden entfernt. Das habe ich vorhin ausgerechnet. In Michigan wird nur eine partielle Sonnenfinsternis zu sehen sein.

Ich habe allerdings versäumt, mir für die Great American Eclipse so eine lustige Schutzbrille zu kaufen.

Vielleicht sollte ich wieder einmal ein Löchlein in ein Stück Karton bohren. Das Wetter scheint gut zu werden.

Wednesday, June 28, 2017

Fotos von meiner Festplatte – Jeep Wave

Als ich vor drei Jahren mein neues Auto bekam, wurde ich Mitglied in einem Club. Das wusste ich allerdings noch nicht, als ich den Jeep vom Hof des Autohändlers nach Hause fuhr. Das ist nämlich kein Verein, bei dem man einen Mitgliedsausweis bekommt – eigentlich braucht es nicht einmal den Fahrzeugbrief, denn es reicht schon, wenn man am Steuer dieses Wagens sitzt. Vorausgesetzt, es handelt sich dabei um einen Jeep Wrangler; andere Modelle der Marke zählen nicht. Und als Neuling wundert man sich dann, warum alle plötzlich so freundlich grüßen. Nein, natürlich nicht alle Autofahrer, sondern nur die anderen Besitzer des Vehikels mit den runden Frontscheinwerfern, mit dem man so nonchalant durch Schlaglöcher brausen kann. Eine kurze Nachfrage bei Freund Google bestätigte: Unter Wrangler-Fahrern herrscht Grußpflicht! Jeep Wave nennt sich dieses Phänomen, das eine Art Verschworenheitsgefühl unter Freunden dieser geländegängigen Kiste ausdrückt, auch wenn man gerade nur auf dem Weg zur Arbeit ist. Natürlich macht keiner winke, winke – die meisten heben nur zwei Finger der rechten Hand, die sie oben am Lenkrad halten; bei einem Schaltgetriebe entsprechend mit der linken. Es ist aber auch nicht verboten, leicht die Hand zu heben. Sicher, nicht jede/r Jeepfahrer/in grüßt zurück, aber im Gelände steigt die Grußwahrscheinlichkeit deutlich an, wie ich bemerkt habe. Und auf der Oberen Halbinsel, wo viele gern ihren Jeep dreckig machen, erreicht sie annähernd 100 Prozent. Das Foto zeigt meinen Jeep, intern „das Spaßmobil“ genannt, vor der Mackinac Bridge, welche die Obere und die Untere Halbinsel von Michigan verbindet. Das war am Memorial-Day-Wochenende des vergangenen Jahres. Demnächst fahren wir wieder hin.
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Saturday, January 21, 2017

#unpresidented

Und damit haben die Amerikaner, einfach so, eine Oligarchie installiert. Einen Familienclan, der gar keinen Hehl daraus macht, dass er die Übernahme der Regierungsgeschäfte als eine Art von Diversifizierung betrachtet – was, wenn man es genauer besieht, nicht einmal ein besonders originelles Businessmodell ist. Wo sich der Präsident von Putins Gnaden das abgeguckt hat, ist unschwer zu erraten. Um davon abzulenken, verbreitet er in seiner Antrittsrede Angst und Schrecken, und dazu reckt er die Fäuste gen Himmel. Der verfinstert sich prompt, und es fängt zu regnen. Düsternis macht sich breit, und Unbehagen kriecht bis in die tiefsten Ritzen des Seins. Nachts schreckt man hoch. Die Aussicht, diesen aufgeplusterten alten Sack mit roter Krawatte und Goldfasanenfrisur vier Jahre lang ertragen zu müssen, wirkt unerträglich. Fast lässt man alle Hoffnung fahren.

Doch das war gestern.

Freunde, wir leben in interessanten Zeiten. Man hätte es zuweilen gerne etwas langweiliger. Schon wieder war es ein Tag für die Geschichtsbücher, aber dieser brachte zum Glück das Licht und die Farbe zurück. Nach dem Weibermarsch auf Washington sieht die Welt wieder viel freundlicher aus: Ein Meer von pinkfarbenen Mützen! Madonna! Pussy Power, oder wie immer man das nennen möchte. Entschlossenheit, Energie. Globale Solidarität. Und erst die Slogans. So viel Kreativität! Mein Favorit ist allerdings: „Please vote in the midterms!“ Zur Wahl gehen, und zwar nicht bloß wenn es um den Präsidenten geht, wäre auch eine gute Idee.

Saturday, December 31, 2016

Einfach weiterpaddeln

Vor ein paar Monaten, als es noch Sommer war, saßen wir an einem kleinen See auf einem Anglersteg und blinzelten in die Sonne. Das Wasser schwappte kaum merklich gegen das Holz des Steges, sonst war es ruhig. In der Ferne sah man die Silhouette eines Mann auf einem Paddelboard. Er schien in unsere Richtung zu steuern, aber wir beachteten ihn weiter nicht.

Plötzlich wurde das Plätschern lauter. Der Paddleboarder hatte uns fast erreicht. Die Art, wie er ruderte, sah ziemlich anstrengend aus. „I have no idea what I am doing”, rief er uns zur Begrüßung zu. „Do I look like an idiot?” Ich bemühte mich, ihm das Gegenteil zu versichern, aber das schien er nicht mitzubekommen. Wahrscheinlich legte er Wert auf seine komische Nummer. Wir luden ihn ein, bei uns Platz zu nehmen, was er jedoch ablehnte. Er brauchte wohl nur eine Atempause. Und: „I have to reposition my feet!”

Mit einem Fuß auf den Steg gestützt hatte er seine Standfestigkeit wiedergewonnen, ebenso wie die Fähigkeit zur Konversation. Er stellte sich als Briten vor, was nicht wirklich überraschte, und nachdem wir uns als Deutsche zu erkennen gegeben hatten, wurde er richtig gesprächig. Ich kann mich nicht mehr an den genauen Verlauf der Unterhaltung erinnern, aber das Thema war im Sommer einfach präsent, und er steuerte so direkt darauf zu wie auf den Steg. “I lost my continent!”, klagte er und fügte noch hinzu, er habe natürlich dagegen gestimmt. Dass er den Brexit meinte, verstand sich von selbst. Betroffenheit allerseits. Dann fing er zum Glück an, von seinem Urlaub zu erzählen, den er in Deutschland verbracht hatte, wohin er sonst nur geschäftlich reiste. Im Schwarzwald sei er gewesen. Am Titisee! Es hatte ihm dort gut gefallen, wie es schien. Amüsant fand er allerdings, dass es dort nur einen einzigen kleinen See gab, den alle Welt sehen wollte.

In Michigan gibt es viele Seen, aber die liegen offenbar auf einem Kontinent, der für den Englischmann nicht in Frage kommt. Jedenfalls nicht als Heimat. Er gestand uns dann noch, dass er sich eines Tages in Spanien zur Ruhe setzen wolle. Und somit, wenn er sich’s recht überlege, habe er ja doch noch einen Kontinent.

Und damit stellte er sich wieder auf sein Paddelboard und ruderte davon. Er sah nicht unglücklich aus.