Tuesday, February 7, 2006

Ein Comeback für Detroit?

Wie sich Detroit in den vergangenen Tagen präsentierte, könnte ein Neubeginn sein. Ein neuer Anfang, keine Renaissance. Weiter auf eine Wiedergeburt zu spekulieren, bringt nichts - das hat schon viele Jahre lang nicht funktioniert. Und da kann GM lange im pompösen Renaissance-Center residieren, die Autofabriken kommen nicht wieder. Ein großes Kaufhaus auch nicht. Und Shopping Malls gibt es schon woanders in der Metropole. Allenfalls könnte Neues entstehen. Auf den Ruinen der alten Motor City. Aber was?

Derzeit wird die Stadt mit so viel Lob überschüttet, dass die Verantwortlichen schon fast in Deckung gehen - das sind sie einfach nicht gewohnt. In Motown saugt man die Minderwertigkeitskomplexe schon mit der Muttermilch ein. Und nun heißt es auf einmal, die Organisation des Superbowls habe alle Erwartungen übertroffen. Detroit-Bashing ist out, für den Moment jedenfalls. Wer hätte das gedacht. Die Kolumnisten mancher Zeitungen kriegen sich fast nicht mehr ein vor Begeisterung. Dan Shaughnessy etwa vom "Boston Globe" würde bis zum Äußersten gehen: "Ich mag Detroit", schrieb er schon in der vergangenen Woche. "In der Tat, ich liebe Detroit. Ich könnte hier leben."

Damit noch mehr Leute so denken, und diesen Wunsch vielleicht sogar in die Tat umsetzen, sollte man allerdings ein paar Dinge beachten:

  • Hunderttausende Menschen beim "Motown Winter Blast" lieferten den Beweis - in Downtown Detroit lässt sich trefflich feiern. Aber ob die Unterhaltungsindustrie auch auf Dauer gesehen eine gute Geschäftsidee ist? Vielleicht. Nicht mal Las Vegas bietet die Möglichkeit, das legale Biertrinkalter von 21 Jahren kurzfristig um zwei Jahre herunterzusetzen - per Grenzübertritt. In Windsor auf der anderen Seite des Flusses ist auch sonst noch allerhand geboten, was in Amerika als ungesetzlich gilt. Oh wie schön ist Kanada.
  • Aber selbst mit drei Kasinos am Ort rollt der Rubel auf Dauer nur, wenn es auch Shopping-Möglichkeiten gibt. Nachdem sich im Moment bestimmt keine größere Kaufhauskette findet, die in Detroit investieren möchte - warum nicht noch ein paar kleinere Läden anlocken, die alle diese Dinge anbieten, die keiner wirklich braucht? Touristen lieben das. Letztendlich wird die Stadt aber nur dann ökonomisch gesunden, wenn sie wirklich mehr Business anzieht. Einige kleinere Hightech-Firmen haben sich im Gefolge von Compuware schon angesiedelt. In jedem Fall dürfte es nützlich sein, dass Cool-City-Image weiter zu kultivieren.
  • Ohne ein funktionierendes öffentliches Verkehrswesen wirkt die Stadt aber weder auf Pendler noch auf Touristen wirklich einladend. Das Shuttle-Chaos am Superbowl-Wochenende, bei dem Besucher stundenlang auf Busse warten mussten, war das einzige große Ärgernis bei der Veranstaltung. Der People Mover dagegen hielt das, was sein Name verspricht: Er transportierte Leute zuverlässig von A nach B. Warum das Bähnchen nicht einfach in die Vorstädte verlängern?
  • Und natürlich wird sowieso nichts passieren, wenn die Region nicht endlich vernünftig zusammenarbeitet. Wenn die Vorstädte und Detroit - gemeinsam mit Windsor! - nicht mehr gegeneinander, sondern miteinander arbeiten. Bürgermeister Kwame Kilpatrick hat's bei seiner zweiten Amtseinsetzung immerhin hoch und heilig versprochen. Man darf also gespannt sein.


Ein Comeback wird's für die Motor City nicht geben. Sie muss sich stattdessen ganz neu erfinden.