Wednesday, May 30, 2007

Corinne Walker

Für die Firma ein paar Jahre ins Ausland gehen, und die Familie kommt mit – das klingt aufregend. Die vielen Formalitäten können die Vorfreude allerdings schnell trüben. Gerade in den USA müssen sich Neuankömmlinge mit einer beachtlichen Menge Papierkram herumschlagen.Die Relocaterin Corinne Walker © Cornelia Schaible Damit der Alltag am neuen Wohnort schnell wieder in geordneten Bahnen verläuft, nehmen Auslandsentsandte immer häufiger die Dienste einer Relocationfirma in Anspruch. Und dafür gibt es gute Gründe.

„Beim Umzug in ein fremdes Land ist es beruhigend zu wissen, dass es eine kompetent organisierte Starthilfe gibt“, sagt Corinne Walker. Mit ihrer 1998 gegründeten Firma COWA, kurz für Consulting Organization & Worldwide Assistance, unterstützt sie die Angestellten beim Auslandseinsatz dabei, am neuen Wohnort schnell Fuß zu fassen: „Bei den hohen Anforderungen, die Unternehmen an ihre entsendeten Mitarbeiter stellen, ist ein reibungsloser Ablauf der Umsiedlung die wichtigste Voraussetzung.“

Corinne Walker ist mit den Sorgen und Nöten der Expatriates bestens vertraut: Vor zwölf Jahren ist sie selbst mit ihrer Familie von Süddeutschland nach Michigan gezogen. Mit jeweils einem Büro in Stuttgart und in Detroit, Michigan, sowie an weiteren US-Standorten könne sie einen persönlichen Service anbieten, bei dem die Bedürfnisse des entsendeten Mitarbeiters und seiner Familie im Mittelpunkt stehen. „Und davon profitieren in ganz besonderen Maße auch die Unternehmen“, betont die studierte Betriebswirtin.

„Die Leute kommen in die USA oder nach Stuttgart, um einen wichtigen Job zu machen – sonst wären sie nämlich nicht ins Ausland geschickt worden“, erklärt Corinne Walker. „Wenn sie ihre Energie in den ersten vier Wochen dazu verwenden, den täglichen Kleinkrieg zu meistern, kommt das die Firma teuer zu stehen.“ Informationen aus erster Hand über die Besonderheiten der neuen Umgebung schon vor der Abreise zu bekommen, sei für die Mitarbeiter beim Auslandseinsatz daher ganz entscheidend. Nicht zuletzt auch für die Familienangehörigen: „Es kann nicht sein, dass eine Ehefrau umzieht und nicht weiß, was sie erwartet und wohin sie umzieht.“

Ihre Kunden besucht Walker daher, solange sie noch in Deutschland sind, und bespricht mit ihnen in aller Ruhe, welche Sorgen und Erwartungen sie haben. Sechs bis acht Wochen vor der endgültigen Abreise ist dann der so genannte Look-and-see-Trip. Geschulte Betreuerinnen, welche die Bedürfnisse des Entsendeten und seiner Familie aus eigener Erfahrung kennen, helfen schließlich bei der Eingewöhnung. Und für alle Kunden, die lieber in der leeren Wohnung auf den Übersee-Container warten als im Hotelzimmer, stellt COWA sogar ein Survival-Kit bereit. Inklusive Camping-Matratze und Bettzeug.

Mehr zum Thema in einem Interview mit Corinne Walker: Alles in der richtigen Reihenfolge

www.cowa-inc.com

Wednesday, May 23, 2007

Deutsche Unternehmen in Michigan

Deutschland ist der wichtigste ausländische Investor in Michigan. Insofern kann es nicht schaden, wenn die Gouverneurin die Vertreter deutscher Unternehmen ein wenig bauchpinselt. Und so eilte Jennifer Granholm gestern trotz Staatshaushaltskrise von Lansing nach Bloomfield Hills, um beim Frühjahrsempfang der deutschamerikanischen Handelskammer (GACC Michigan) das Grußwort zu sprechen.

6 Milliarden Dollar hätten europäische Unternehmen in jüngster Zeit in Michigan investiert, sagte die Gouverneurin; der überwiegende Anteil davon kam aus Deutschland. In welchem Zeitraum genau? In viereinhalb Jahren, erklärten mir Vertreter der Handelskammer nach der Rede, als Granholm bereits wieder auf der Fahrt zurück in die Kapitale war. Also in der Amtszeit der Gouverneurin. Insgesamt beschäftigen deutsche Firmen in Michigan 170.000 Menschen, lobte Granholm. Nach Angaben der Staatsregierung gibt es mehr als 300 Niederlassungen deutscher Unternehmen in Michigan.

Wenn erst einmal die Trennung von Daimler und Chrysler vollzogen ist, werden die Zahlen gewiss anders aussehen. Aber diese massive Änderung in der Unternehmenslandschaft von Michigan erwähnte die Gouverneurin mit keinem Wort, ebensowenig wie die Massenentlassungen der einheimischen Autoindustrie. In gewohnt optimistischer Manier begrüßte sie stattdessen den Strukturwandel, der die Wirtschaft des Bundesstaates derzeit gewaltig beutelt: „This is Michigan’s moment to build something new." Dass es sich dabei um eine ziemliche Herausforderung handelt, gab sie immerhin zu. Für einige Heiterkeit im Publikum sorgte schließlich das Eingeständnis: „Greatness is a terrible thing to waste."

Die Zeit der rauchenden Schlote sei eben vorbei, so Granholm weiter; nun müsse man sich ganz auf Forschung und Entwicklung konzentrieren: In Südost-Michigan gibt es ihren Angaben zufolge bereits 330 R&D facilities. Das dürften aber gerne noch mehr werden, und so appellierte Granholm an die deutschen Firmenvertreter: „You are our spokespeople. You are Michiganians by choice!"

Wahrscheinlich erzählt sie das bei Gelegenheit auch den hiesigen Japanern. Das neue Toyota Tech Center bei Ann Arbor schafft 400 Arbeitsplätze.

Offizielle Website der Handelskammer: German American Chamber of Commerce of Michigan

Friday, May 18, 2007

Dakota Inn Rathskeller, Detroit MI

Deutsche kämen heutzutage nur selten ins Lokal, sagt Karl Kurz. Warum das ist so ist? Der Inhaber des „Dakota Inn Rathskeller“ in Detroit zuckt mit den Schultern. „Vielleicht kochen sie selbst noch Hausmannskost.“ Wie sie es einst bei ihrer Großmutter in Germany gelernt hätten.

Das glaube ich nun eher nicht, und das sage ich ihm auch. Was ich für mich behalte: Wahrscheinlich finden die meisten Deutschen die Kombination von Bier, Sauerkraut und zünftiger Musik eher abschreckend. Und übersehen dabei: „The Dakota“ ist nicht einfach ein amerikanisches Restaurant, das deutsches Essen serviert. Es handelt sich vielmehr um eine Traditionswirtschaft, in der noch gekocht wird wie anno dazumal. Genauer gesagt, wie in Deutschland vor fast 100 Jahren. Also wie zu der Zeit, als die Großeltern von Karl Kurz nach Amerika auswanderten.

Bei einem meiner ersten Besuche im „Dakota Inn Rathskeller“ stand ich vor einem der Wandbilder, das ganz offensichtlich den Marktplatz eines altdeutschen Städtchens zeigt, und dachte bei mir: „Sieht aus wie Weikersheim.“ Es war Weikersheim. Das alte hohenlohische Residenzstädtchen liegt in Tauberfranken und gehört zum Main-Tauber-Kreis. Auf der Website des „Dakota Inn“ steht geschrieben, dass Karl Kurz, der Großvater des heutigen Besitzers, den „Rathskeller“ einst nach den Vorbildern in der alten Heimat ausbaute – „just like the ones he remembered from his native Wiekersheim, Germany.“ Da sind nur im Ortsnamen die ersten beiden Vokale verrutscht.

Es ist die klassische Auswanderergeschichte. In seinem großen Detroit-Roman „Middlesex“ erzählt Jeffrey Eugenides vom Schicksal eines griechischen Einwandererclans mit exakt denselben Stationen: Lefty, der Großvater der Erzählfigur, arbeitet erst bei Ford am Fließband und richtet dann eine illegale Kellerbar ein. Nach der Ende der Prohibition eröffnet er eine Bar mit Grill. Keine Ahnung, ob der im Detroiter Vorort Grosse Pointe aufgewachsene Eugenides jemals im „Dakota Inn“ war – als ich ihn vor ein paar Jahren in Tübingen traf, war ich selbst noch nie dort gewesen. Sonst hätte ich ihn danach gefragt.

Es gab jedenfalls nicht nur Griechen, die Restaurantbesitzer in Detroit wurden. Auch das Leben des deutschen Einwanderers Karl Kurz wäre gewiss Stoff für einen Lokal-Roman. Kurz, der 1912 nach Amerika kam, arbeitete zunächst für längere Zeit in der Autofabrik von Mr. Ford in Highland Park. Erst mehr als 20 Jahre später konnte er sich den Traum vom eigenen Business erfüllen – als die Prohibition vorbei und der Bierausschank wieder legal war. Kurz kaufte eine ehemalige chinesische Wäscherei an John R, ganz in der Nähe der Kreuzung mit Dakota, und baute sie nachts und an Wochenenden zu einem Bierlokal um. Und das trotz Weltwirtschaftskrise.

Am 1. August 1933 – kaum ein halbes Jahr nach Aufhebung der Prohibition – eröffnete Karl Kurz den „Rathskeller“, der angeblich anfangs nur drei Barstühle hatte. Das restliche Mobiliar kam nach und nach dazu – erneuert wurde seither allenfalls die technische Einrichtung. Tische und Stühle in der holzgetäfelten Gaststube sind noch original. Die Wandbilder kamen allerdings erst 1946 dazu, erzählt Edward Kurz, der Vater des heutigen „Rathskeller“-Wirtes. Neben Weikersheim zeigen sie noch andere romantisierende deutsche Landschafts- und Städtebilder sowie die humorvoll illustrierten Verse einer Schnitzelbank, also eines Bänkelliedes. Der Maler Albert Stoye schöpfte bei seinem Werk aus eigener Anschauung: Er war ebenfalls deutschstämmig.

Detroit hatte damals einen großen deutschsprachigen Bevölkerungsanteil, und der „Rathskeller“ konnte auf seine Stammkundschaft zählen. Bestimmt schätzten die deutschen Gäste auch die deftige Kost, die bis heute auf dem Menü steht. Das Kasseler Rippchen mit warmem Kartoffelsalat und Rotkraut, zu dem nach alter Tradition Apfelmus gereicht wird, schmeckt garantiert wie damals. Einen solchen Kartoffelsalat, mit Essig angemacht und von sehr musiger Konsistenz, gab es einst auch bei meiner Oma, die von der Schwäbischen Alb war. Kein Wunder: „Tübingen – liegt das zufällig in der Nähe von Balingen?“, fragt Edward Kurz, als ich ihm erzähle, wo ich aufgewachsen bin. Seine Mutter stamme nämlich aus dem Dorf Weilheim, heute Waldstetten, bei Balingen. Sie sei bereits 1909 ausgewandert, sagt Kurz. „Meine Eltern haben sich erst in Detroit kennengelernt.“

Ihre Heimat sahen sie lange nicht wieder. Der „Rathskeller“ lief aber offenbar so gut, dass Karl Kurz im Jahr 1937 mit seiner Familie auf eine zweimonatige Deutschlandreise gehen konnte. „Ich war damals zehn Jahre alt“, erzählt Edward Kurz. Seine Schwester war auch dabei. Sogar das Auto kam mit aufs Schiff – ein 1936er Dodge. Damit tourte die Kurz-Familie durch deutsche Städte und besuchte die Verwandten. Die waren bestimmt schwer beeindruckt. Die deutschen Kinder hätten vor allem übers Autoradio gestaunt, sagt Kurz und lacht. „The radio could talk German!“

Im September wird Edward Kurz wieder nach Deutschland reisen – erstmals nach 70 Jahren. Seine Kusine Rosa will er besuchen, und natürlich auch die Heimat der Eltern wiedersehen. Er wird sich wundern.

The Dakota Inn Rathskeller, Detroit © Cornelia Schaible


The Dakota Inn Rathskeller
17324 John R. Street
Detroit, MI 48203

Lunch Tuesday – Friday
Dinner Thursday – Saturday

www.dakota-inn.com

Wednesday, May 16, 2007

Daimler und Chrysler: Schluss mit der Binnenmajuskel

Was lehrt uns die Scheidung von Daimler und Chrysler? Zum Beispiel, dass niemand leichtfertig auf den Bindestrich verzichten sollte. Im Nachhinein ist man immer schlauer, aber eigentlich war es klar: Zwei Nomina oder auch Eigennamen anstandslos zusammenzufügen, das kann auf Dauer nicht gutgehen. Ohne Bindestrich – das hält nicht. Die Binnenmajuskel mag im Englischen durchgehen, aber in der deutschen Sprache ist sie unschön und unzulässig. Und wirkt als Sollbruchstelle.

Als Daimler und Chrysler im Mai 1998 fusionierten, standen viele deutsche Redakteure und Redakteurinnen vor einem Dilemma. Sollten sie nun plötzlich "DaimlerChrysler" schreiben, obwohl ihnen der Großbuchstabe im Wortinnern gründlich gegen den Strich ging? Zumindest einige Lokalzeitungen blieben konsequent – nie hätten sie ihrer Leserschaft eine derartige orthografische Entgleisung schon zum Frühstück zugemutet. Womöglich hätten sich die Leser/innen sonst vor Schreck am Morgenkaffee verschluckt. Beim „Schwäbischen Tagblatt“ jedenfalls gab es das nicht: Als ich auf der Aufmacherseite einmal „DaimlerChrysler“ schrieb, bekam ich eine Rüge. Und bevor die Seite in Druck ging, stand da ein Bindestrich. Jawohl. Aber damals hatte das „Tagblatt“ auch noch ein Korrektorat.

Inzwischen haben sich die Sitten gelockert – wie ich mit Hilfe von Google feststellen konnte, hat die Binnenmajuskel auch beim „Schwäbischen Tagblatt“ Einzug gehalten. Zumal einige feministisch angehauchte SchreiberInnen immer schon versucht hatten, irgendwelche LehrerInnen oder SchülerInnen ins Blatt zu schmuggeln, und eben nicht die regelkonforme geschlechtsneutrale Schreibweise „Lehrer/innen“ pflegten. Im Deutschen war das Binnen-I als Protest gegen das generische Maskulinum lange Zeit die häufigste Erscheinungsform der Binnenmajuskel, die auch Binnenversalie genannt wird.

Im Englischen spricht man in diesem Fall übrigens von Camel Caps, weil das Wort dann wie mit zwei Kamelhöckern daher kommt. Zum Beispiel bei der BahnCard oder beim InterRegio – die Deutsche Bahn beherrschte das bindestrichlose Zusammenkleben von Substantiven schon lange vor DaimlerChrysler. Aber der deutschamerikanische Autokonzern machte die Masche sicher populär.

Einige Firmen- und Markennamen, die ursprünglich eine Binnenmajuskel besaßen, haben den zweiten Kamelhöcker abgelegt und gehen jetzt als Dromedar – dazu gehören etwa Microsoft und Photoshop. Aber in diesem Fall wurde auch nichts zusammengeleimt, was sich letztlich als unvereinbar erwies.

In Dieter Zetsches Abschieds-E-Mail an die Chrysler-Belegschaft kam das Wort DaimlerChrysler nicht mehr vor. Aber: „Daimler and Chrysler will work together“, versprach der CEO. Mit einem „und“ dazwischen.

Saturday, May 12, 2007

Kleine Blogger-Typologie

Es soll Menschen geben, die bloggen, weil es sie zum Schreiben drängt. Weil sie der Welt ihr Innerstes mitteilen wollen. Oder auch bloß ein Kochrezept. Sie legen ein Blog an, um ihre Lyrik oder Prosa unters Volk zu bringen, berichten ihrer daheimgebliebenen Fangemeinde von einem Auslandsaufenthalt oder posten Fotos mit schiefem Horizont. Es gibt Newsblogs, Fachblogs und Fanblogs. Manche Blogger bloggen aber ganz offensichtlich nur um des Bloggens willen.

Dabei lassen sich grob folgende Typen unterscheiden:

Der Heimwerker. Sein Bloghäuschen ist und bleibt eine Baustelle. Kaum haben sich die Leser an Fonts und Farben gewöhnt, braucht er schon wieder einen Tapetenwechsel. Wieviel Fotos verträgt ein Layout? Na, ziemlich viele. Ein transparentes Hintergrundbild muss schon sein, und die Seitenwände sind auch hübsch gekachelt. Das Ganze braucht dann zwar dreieinhalb Minuten lang zum Laden, aber was soll’s. Der nächste Relaunch ist schon geplant.

Der Sprachspieler. Er ist der Meister der ausgetretenen Metapher. Sein Blog über, sagen wir, Lokalpolitik nennt sich „Schrebergarten“, das Headerbild zeigt eine Schubkarre, und das Archiv firmiert unter „Kompostieranlage“. Statt einer Blogroll steht da „Über den Zaun geguckt“, und klar doch, Kommentare gibt’s „querbeet“. Damit nicht alles gar so ländlich grünt und blüht, steht irgendwo noch „Smell the Roses“. Ansonsten zeigt der Obergärtner den Wichte(l)n im Rathaus, was eine Harke ist.

Der Quelltexter. Blogeinträge liest er nie, stattdessen studiert er Stylesheets. Und kann nur den Kopf schütteln über den Murks, der ihm allerorten begegnet. Auf Blog-Foren ist er regelmäßig zugange, um den HTML-Analpheten auf die Sprünge zu helfen, die alle naslang leichtfertig ihr Layout zerschießen. „Da sollte mal ein Profi ran“, schreibt er dann. Oder: „Dazu musst du das ganze Stylesheet ändern, und dafür solltest du schon etwas mehr CSS können. Warum wählst du nicht einfach ein fertiges Layout, das diese Eigenschaften schon mitbringt?“

Der Bloggologe. Dass es sich beim Weblog um das selbstbezüglichste Medium aller Zeiten handelt, ist nicht neu. Aber wenn man sich Blog-Hitlisten anguckt, staunt man doch immer wieder. Worüber bloggt die Mehrzahl? Logisch, übers Bloggen und die Blogosphäre. Übers Web 2.0, über Traffic, Blog-Werbung, Tag-Clouds, Feeds, Trackbacks, Plugins und Widgets. Oder über aktuelle Abmahnungen. Der eine oder andere ist auch so nett und erklärt dem Rest der Welt, was das eigentlich alles soll.

Die Buchmarke. Wozu Inhalte pflegen? Hauptsache, unter jedem nichtssagenden Artikel stehen die Buttons von mindestens einem Dutzend Bookmark-Dienste zur Auswahl. Sieht so herrlich professionell aus.

Anmerkung: Die Beispiele sind völlig frei erfunden. Sollte es tatsächlich Blogs geben, die irgendwelche Ähnlichkeiten mit den oben genannten aufweisen, dann heißt das nur: Die Realität kann mit meiner Fantasie durchaus mithalten.

Thursday, May 3, 2007

Wie selbstgehäkelt

Stricken ist unbestritten ein Wintersport – wenn es Frühling wird, fängt man besser an zu häkeln. Auf dem Weblog von Burda Mode las ich über die luftigen Maschen: „Häkeln ist hipp". Hurra, kann ich da nur sagen. Her mit der Häkelnadel!

Um ehrlich zu sein: Mit der Häkelnadel in meinem Nähkästchen, das in Wirklichkeit eine umfunktionierte Werkzeugkiste ist, ziehe ich nur lose Fäden auf die Innenseite meiner Pullover. Topflappen habe zuletzt im Handarbeitsunterricht gearbeitet, das ist ungefähr ein Jahrhundert her. Wenn ich die Häkelsachen in den Katalogen sehe, die mir regelmäßig ins Haus flattern, dann frage ich mich schon, worin eigentlich der Reiz dieser zeitlosen Handarbeit besteht. Wahrscheinlich ist es wie beim Schweizerkäse: Das Beste daran sind die Löcher.

Häkelsachen haben natürlich schon ganz klar ihre Vorteile. Sie gestatten Durchblick – und sind trotzdem bieder, denn man zieht immer etwas darunter. Stets haben sie etwas Praktisches und gleichzeitig sehr Verspieltes an sich, wie eine umhäkelte Klopapierrolle. Ein Häkelbikini von Victoria’s Secret ist somit ein Widerspruch in sich.

Unbstritten ist, dass so ein Häkelleibchen für Gesprächs-Stoff sorgt, und zwar nicht nur am Strand. Nach dem Muster: „Ist das selbstgehäkelt?"

Mehr zum Thema Häkelmoden: Anschlag mit Luftmaschen

Tuesday, May 1, 2007

Die reformierte Rechtschreibreform

In der kommenden Woche, am 8. und 10. Mai, werde ich in Zusammenarbeit mit der Deutschen Schule Metro Detroit zwei Seminare zur Rechtschreibreform anbieten. Genauer gesagt: Es geht dabei um die Reform der deutschen Rechtschreibung aus dem Jahr 1996. Dazu ein paar Erläuterungen für alle, an denen diese Reform irgendwie vorbeigegangen ist (kann im Ausland schließlich leicht passieren).

Besagte Rechtschreibreform wurde im Prinzip bereits am 1. August 1998 eingeführt – ich kann mich noch gut daran erinnern, denn das war ein Samstag, und ich hatte Wochenenddienst in der Redaktion. Die Montagsausgabe der Zeitung erschien dann in der neuen Schreibweise. Und ein paar Tage später hatte sich mein rechter kleiner Finger schon daran gewöhnt, nicht mehr so oft nach der Eszett-Taste zu fischen. Von einigen überflüssigen Änderungen einmal abgesehen (die Gämse lässt grüßen!) erschien mir die neue Regelung insgesamt nützlich und sinnvoll.

So dachten allerdings nicht alle. Die breite Öffentlichkeit hatte von der Reform nämlich erst erfahren, als sie schon fast unter Dach und Fach war. Kein Wunder: In dem Arbeitskreis, der das neue Regelwerk entworfen hatte, befanden sich zwar eine Menge gelehrter Germanisten, aber offenbar niemand, der etwas von Marketing verstand. Die Kommission hatte weitgehend hinter verschlossenen Türen getagt. Aufklärung der Allgemeinheit: Fehlanzeige.

Dabei sollte die Rechtschreibung ursprünglich reformiert werden, um der Bevölkerung das Schreiben zu erleichtern – aber niemand hatte die Leute gefragt, was sie einst beim Diktat am meisten ins Schwitzen brachte. Und so brach alsbald ein Sturm der Entrüstung los. Zahlreiche Schriftsteller (die sowieso schreiben können, wie sie wollen, sobald sie erst einmal richtig berühmt sind) setzten sich für einen Stopp der Reform ein. Der Untergang des zivilisierten Abendlandes schien nahe. Kurzum: Es war ein Albtraum (jawohl!).

Eine Reform der Reform war also unumgänglich. Ende 2004 nahm der „Rat für Deutsche Rechtschreibung" unter der Ägide des Bayern Hans Zehetmair seine Arbeit auf und beseitigte den gröbsten Unfug im Regelwerk – niemand sollte mehr „Spagetti" schreiben müssen (laut Duden ist es allerdings nach wie vor erlaubt). Die Kultusministerkonferenz stimmte den Vorschlägen des Rates zu, und am 1. August 2006 trat die Rechtschreibreform in Kraft.

Selbst die FAZ, die im Jahr 2000 unter viel Getöse zur alten Rechtschreibung zurückgekehrt war, publiziert seit Anfang dieses Jahres nach den neuen Regeln – wie die überwiegende Mehrheit der großen Verlage. Das heißt, jetzt gibt es keine Ausrede mehr: Wer sich nicht nach den Regeln der neuen Rechtschreibung richtet, schreibt antiquiert. Dazu muss man allerdings bemerken, dass die Öffentlichkeitsarbeit auch bei der Rechtschreibreform-Reform nicht gerade vorbildlich war. Es wäre eine nette Geste gewesen, die neuen Regeln etwa per Hauswurfsendung unters Volk zu bringen. Dies geschah nicht. Aber schließlich müssen ja auch Volkshochschulen noch etwas zu tun haben. Oder Sprachklempner wie ich.

Ich persönlich halte Rechtschreibung nämlich für ein äußerst reizvolles Thema. Für viele andere ist es eher ein Reizthema, wie ich in Gesprächen immer wieder feststelle. „Iiich schreibe bestimmt nicht nach der neuen Rechtschreibung!" – wie oft habe ich das schon gehört. Merkwürdigerweise nicht selten von Leuten, die alle naslang ihr Blackberry konsultieren, regelmäßig ihren Browser updaten und bestimmt das neueste Windows-Betriebssystem schon installiert haben. Hey, wir leben im Informationszeitalter!

Das grundlegende Kommunikationsmedium, nämlich die Sprache, pflegen meiner Erfahrung nach nur wenige. Und das ist eindeutig ein Fehler – zumal in einer Gesellschaft, die lebenslanges Lernen als selbstverständlich voraussetzt. In meinem Seminar werde ich daher nicht nur die wichtigsten Regeln der neuen Schreibweise behandeln; ich möchte auch mehr BewusstseinRechtschreibreform im Wörterbuch © Cornelia Schaible schaffen für das Material Sprache, mit dem wir tagtäglich arbeiten. Auch wenn – oder gerade weil – wir eher E-Mails schreiben als Romane.

Die Beschäftigung mit der Orthografie sollte man gewiss nicht allein Deutschlehrern und Journalisten überlassen. Dr. Matthias Wermke, der Leiter der Dudenredaktion, schreibt auf einem Beilageblatt der neuesten Ausgabe des Wörterbuches: „Ein sorgfältiger Umgang mit Rechtschreibung und Interpunktion zeichnet nicht nur die Schreiberin oder den Schreiber selbst aus, sondern ist immer auch ein persönlicher Beitrag zu einer aktiven Sprachpflege." Dem ist nichts hinzuzufügen.

Infoblatt zum Seminar