Wednesday, May 16, 2007

Daimler und Chrysler: Schluss mit der Binnenmajuskel

Was lehrt uns die Scheidung von Daimler und Chrysler? Zum Beispiel, dass niemand leichtfertig auf den Bindestrich verzichten sollte. Im Nachhinein ist man immer schlauer, aber eigentlich war es klar: Zwei Nomina oder auch Eigennamen anstandslos zusammenzufügen, das kann auf Dauer nicht gutgehen. Ohne Bindestrich – das hält nicht. Die Binnenmajuskel mag im Englischen durchgehen, aber in der deutschen Sprache ist sie unschön und unzulässig. Und wirkt als Sollbruchstelle.

Als Daimler und Chrysler im Mai 1998 fusionierten, standen viele deutsche Redakteure und Redakteurinnen vor einem Dilemma. Sollten sie nun plötzlich "DaimlerChrysler" schreiben, obwohl ihnen der Großbuchstabe im Wortinnern gründlich gegen den Strich ging? Zumindest einige Lokalzeitungen blieben konsequent – nie hätten sie ihrer Leserschaft eine derartige orthografische Entgleisung schon zum Frühstück zugemutet. Womöglich hätten sich die Leser/innen sonst vor Schreck am Morgenkaffee verschluckt. Beim „Schwäbischen Tagblatt“ jedenfalls gab es das nicht: Als ich auf der Aufmacherseite einmal „DaimlerChrysler“ schrieb, bekam ich eine Rüge. Und bevor die Seite in Druck ging, stand da ein Bindestrich. Jawohl. Aber damals hatte das „Tagblatt“ auch noch ein Korrektorat.

Inzwischen haben sich die Sitten gelockert – wie ich mit Hilfe von Google feststellen konnte, hat die Binnenmajuskel auch beim „Schwäbischen Tagblatt“ Einzug gehalten. Zumal einige feministisch angehauchte SchreiberInnen immer schon versucht hatten, irgendwelche LehrerInnen oder SchülerInnen ins Blatt zu schmuggeln, und eben nicht die regelkonforme geschlechtsneutrale Schreibweise „Lehrer/innen“ pflegten. Im Deutschen war das Binnen-I als Protest gegen das generische Maskulinum lange Zeit die häufigste Erscheinungsform der Binnenmajuskel, die auch Binnenversalie genannt wird.

Im Englischen spricht man in diesem Fall übrigens von Camel Caps, weil das Wort dann wie mit zwei Kamelhöckern daher kommt. Zum Beispiel bei der BahnCard oder beim InterRegio – die Deutsche Bahn beherrschte das bindestrichlose Zusammenkleben von Substantiven schon lange vor DaimlerChrysler. Aber der deutschamerikanische Autokonzern machte die Masche sicher populär.

Einige Firmen- und Markennamen, die ursprünglich eine Binnenmajuskel besaßen, haben den zweiten Kamelhöcker abgelegt und gehen jetzt als Dromedar – dazu gehören etwa Microsoft und Photoshop. Aber in diesem Fall wurde auch nichts zusammengeleimt, was sich letztlich als unvereinbar erwies.

In Dieter Zetsches Abschieds-E-Mail an die Chrysler-Belegschaft kam das Wort DaimlerChrysler nicht mehr vor. Aber: „Daimler and Chrysler will work together“, versprach der CEO. Mit einem „und“ dazwischen.