Sunday, December 23, 2007

Santa kam im Wohnmobil

Heute Nachmittag sah ich ein Auto mit einem Christbaum auf dem Gepäckständer, was mich doch einigermaßen erstaunte. Zwei Tage vor Weihnachten! Bestimmt war damit ein Deutscher unterwegs – die Amerikaner stellen ihren Weihnachtsbaum kurz nach Thanksgiving auf. Kaum hat sich Santa wieder auf die Socken gemacht, wird der Tannenbaum allerdings abgebaut. Es reicht dann auch.

Insofern verläuft ein deutsches Weihnachtsfest antizyklisch: Der Baum wird erst vor der Bescherung geschmückt. Dafür ziert er die gute Stube bis Dreikönig, wenn nicht länger. Genauso war es auch bei meiner Freundin Christina, deren Eltern aus Göttingen kamen: „Wir haben immer erst am Heiligabend einen gekauft.“ Die Kinder freute das allerdings gar nicht. „Jeder in den USA hatte einen Baum – nur wir nicht. Das war embarrassing. Und dann stand das Ding bis Februar, und es war nichts mehr drauf.“

Natürlich wurde in ihrer Familie schon am Heiligabend beschert, und zum Essen gab es Heringssalat und deutsche Brötchen. Und dann kam – nein, kein Dicker im roten Kostüm mit weißem Rauschebart. Der war nicht zuständig. Santa drehte zwar auch seine Runde durch die Nachbarschaft: ganz zeitgemäß im Wohnmobil, mit vielen bunten Lichtlein dran. Aber er roch nach Alkohol – „wahrscheinlich hat er überall einen Drink bekommen“. Zu allem Überfluss war er in Begleitung von Elfen, die Minirock trugen und Christinas Beschreibung zufolge aussahen wie Funkenmariechen. Und dann fragte Santa die Kinder noch: „Are you bad?“

Das war in den Siebzigern, wohlgemerkt. „Santa Claus war eine Witzfigur für uns“, so meine Freundin. Für sie und ihre Geschwister war die Sache klar: „Santa Claus kommt zu amerikanischen Kindern und das Christkind kommt zu deutschen Kindern.“

Mit dem Christkind war es schon etwas anderes. „Daran haben wir geglaubt. Felsenfest.“ Obwohl man es einfach nicht zu fassen bekam. „Meine Mutter hat die Tür zugemacht, und wir haben gewartet. Und gewartet.“ Sie hätten einen alten Plattenspieler gehabt, und als der anfing zu spielen, seien sie alle ins Zimmer gestürzt.

Das Fenster stand ein Stück offen, die Gardine flatterte. "Und wir hatten das Christkind wieder einmal verpasst."