Friday, June 27, 2008

The Jarrett House, Dillsboro NC

Kulinarische Reisen in den USA? Aber ja doch. Wir finden zunehmend Geschmack daran. Nicht erst, seit wir Austern in Apalachicola gegessen haben. Seafood ist hier ohnehin das Beste, was man sich vorstellen kann, an beiden Küsten. So richtig solide Küche, das Slow Food der guten alten Zeit, haben wir in den Südstaaten gefunden. Das war im vergangenen Jahr, als wir zur Zeit der Rhododendronblüte in den Smoky Mountains waren. Wir bereisten vor allem den südlichen Teil, der zu North Carolina gehört.

Nun gibt es in North Carolina eine ganze Menge einfacher Lokale, die geräucherte Rippchen und Pulled Pork servieren – zu erkennen sind sie am Smoking Pit, der irgendwo im Hinterhof steht. Und wenn es dort appetitlich riecht, sind die Barbeque Ribs meistens auch gut. Idealerweise sind sie so zart, dass das Fleisch vom Knochen fällt und man eigentlich überhaupt kein Messer braucht. Aber meine Kapazität für Schweinerippchen ist begrenzt. Zum Glück wird in North Carolina aber auch noch richtig gekocht. Wie im „Jarrett House“ in Dillsboro.

Dillsboro ist ein kleiner Ort am Südrand der Smokies, der an der alten Eisenbahnstrecke nach Asheville liegt. „The Jarret House“, erbaut im Jahr 1884, ist eine historische Herberge mit Restaurationsbetrieb aus der Zeit, als der Sommerurlaub in den Bergen Mode wurde. Die Leute, die einst mit der Bahn in die Sommerfrische nach Asheville fuhren, machten Halt in Dillsboro zum Mittagessen. Der im Ofen gegarte Schinken der Inn, die damals noch einen anderen Namen hatte, muss weitherum berühmt gewesen sein.

Der Schinken steht heute noch auf der Karte, aber – wie schon gesagt – so viel Schwein muss nicht sein. Wir entschieden uns für Southern Fried Chicken und Pot Roast. Bevor das Hauptgericht auf den Tisch kam, servierte die überaus freundliche Bedienung sauer Eingelegtes und Cole Slaw, dazu die im Süden obligatorischen Biscuits. Es waren die luftigsten und feinsten Biscuits, die ich je gegessen habe, einfach perfekt. Das Huhn war frittiert, aber überhaupt nicht fettig, wunderbar zart unter der würzigen Hülle. Und der Pot Roast hatte offenbar viele Stunden lang geschmort. Das Beste aber waren eigentlich die Beilagen: grüne Bohnen, Salzkartoffeln und schön altmodisches Apfelkompott. Die Bohnen waren nicht halb roh und geschmacklos, wie heute meistens üblich. Es gab stattdessen richtige Stangenbohnen in Stücken, die so ähnlich schmeckten wie damals bei meiner Oma. Vom Gemüse gab’s sogar Nachschlag, und wir ließen nicht viel übrig.

Zum Nachtisch aßen wir Pfirsich-Cobbler mit Vanilleeis. Und das Ganze kostete zusammen nicht einmal 40 Dollar.

The Jarrett House, Dillsboro © Cornelia Schaible


The Jarrett House
100 Haywood Road
Dillsboro, NC 28725

www.jarretthouse.com





Mehr zum Thema auf suite101: Frühsommer in den Smoky Mountains

Wednesday, June 25, 2008

Ritter, Tod und Teufel

Vor genau fünf Jahren war ich bei einer Vorstellung im Theater Lindenhof; das war die letzte Veranstaltung, die ich besuchte, bevor ich nach Detroit abreiste. Fünf Jahre! Die Lindenhöfler fehlen mir, die Alb auch.

Das waren Bilder, die nie ich nie vergessen werde: immer wieder Durchblicke auf die Salmendinger Kirche, wie eine Glucke über dem Dorf vor rosigem Abendhimmel. Das war sicher der Höhepunkt beim Spaziergang durch Melchingen zur Ruine, dem Auftakt zum Stück „Ritter, Tod und Teufel" der Lindenhöfler. Auch wenn man nach dem Geschmack von Ex-Kollege Triebold „zu viele offene Scheunentore einrennen musste“, wie er damals in seiner Kritik monierte. Außerdem missfielen ihm die Gardinen. Ich hätte eher an den Glasbausteinen, Eternitplatten und Oberbayern-Balkonen aus dem Baumarkt Anstoß genommen, die manches alte Bauernhaus entstellten. Der Gang durch Melchingen war trotzdem witzig: Man wusste nie, ob etwas inszeniert war oder aus dem prallen Älbler-Leben gegriffen. Einige ältere Eingeborene verfolgten von ihrem Feierabendbänkchen aus kopfschüttelnd das Treiben der Theatergänger. Bestimmt war vieles ebenso gestellt wie die Beschriftung einer Reihe von Parkplätzen: RITTER, TOD, TEUFEL, SÄNGER JUN., SÄNGER SEN.

Auf dem Grillplatz auf halber Höhe kam eine Art Ritter auf der Vespa angedüst – Don Quichotte, der gegen die Windkraftanlage in der Ferne zu Felde zog.

Dann der verzauberte Wald mit Schaufensterpuppenarmen, die aus Bäumen wuchsen (nachts trugen sie Laternen, um den Besuchern heimzuleuchten) und Abbildungen von seltsamen Spottgeburten, die sich bei genauerem Hinsehen als Röntgenbilder von Fröschen, Geckos und ähnlichem entpuppten. Irgendwo baumelte auch noch ein Kronleuchter im Geäst. Und überall waren schwarze Mäntel mit großen hochgeklappten Krägen aus einem versteiften Stoff aufgestellt, die einem gespenstisch mit ihrem leeren Ärmel den Weg wiesen.

Ein weiß geschminkter Berthold Biesinger brach aus dem Wald und lockte: „Kommen Sie!“, um anschließend die Besucher zum Verweilen aufzufordern: „Warten Sie eine kleine Ewigkeit!"

Irgendwo fiedelte ein schwarz gekleideter gefallener Engel, der einen nutzlosen Flügel an der Seite hängen hatte. Silvia Danek raunte einem etwas ins Ohr, Gerd Plankenhorn war oben an der Ruine – das heißt, am Nordpol – gerade am Erfrieren, aus allen Fensteröffnungen lugten schwarze Raben, und ganz oben aus dem Mauerwerk ragte ein Galgen, an dem wiederum einer der steifen Mäntel hing. Daneben stand eine weiß gekleidete Gina Maas, die Schauerliches rezitierte. Ich habe vergessen, was es war.
Oben in der Ruine, wo die vier Wandergruppen nach und nach eintrafen, waren Wassergläser und Körbe mit Bauernbrotscheiben zur Stärkung der Theatergänger aufgestellt. Es blieb wenig übrig – „Wasser und Brot geht immer", bemerkte jemand.

Die vier Bauernlümmel – junge Miminnen direkt von der Schauspielschule –, welche die einzelnen Gruppen begleitet hatten, verwandelten sich in Pagen. Susanne Hinkelbein, ganz in Schwarz mit roten Cowboystiefeln und einer fürchterlichen blonden Perücke, setzte sich ans Klavier, und dann konnten die „Geschichten aus dem Schattenreich“ ihren Anfang nehmen. Mit allem, was die deutsche Romantik an Schauerlichem zu bieten hatte: Von Uhland und Chamisso und Conrad Ferdinand Meyer. Am Eulenturm war’s unheimlich, „zwei Füße zuckten in der Glut“, und der Rabe krächzte „Nimmermehr“. Die schrecklichste Moritat zum Schluss wurde ironisch mit der Nachfrage: „Kommt do irgendwann no Musik?“ gebrochen.

Schattenhaftes und Unheimliches. Hauptthema: Abschied. „Nimmer – nimmermehr.“

Tuesday, June 17, 2008

Detroit, Barack City

History in the Making“ stand auf dem T-Shirt eines jungen Mannes in der langen Schlange vor der Joe-Louis-Arena in Detroit, in der drei Stunden später Barack Obama sprechen sollte.

Wenn das Geschichtemachen nur nicht so lange dauern würde.

Mir persönlich ging es gestern viel zu langsam. Und auch mein Mann war einfach nur noch schlecht gelaunt, als wir eine kleine Ewigkeit später aus der Halle kamen. Nachdem wir stundenlang auf klebrigen roten Klappsitzen ausgeharrt hatten – offenbar war der Eishockey-Cup-Sieg der Red Wings mit viel Bier begossen worden. Nachdem sich unsere Sitznachbarn durch diverse Schachteln Pizza gefuttert hatten. Nachdem wir uns über die Zeile „DETROIT BARACK CITY“ auf dem Monitor gefreut hatten. Nachdem irgendwann ein angeblich sehr berühmter Chor gesungen hatte. Nachdem wir der Nationalhymne gelauscht hatten, vorgetragen von einer mir unbekannten Sängerin. Nachdem der Pistons-Basketballer Chauncey Billups zum Wählen aufgerufen hatte. Nachdem Gouverneurin Jennifer Granholm, „mad as hell“ auf Bush, das 100-Meilen-pro-Gallone-Auto versprochen hatte, selbstverständlich made in Michigan. Nachdem Al Gore, erst seit gestern als Obama-Unterstützer unterwegs, auch noch etwas gemeint hatte.

Al Gore. Ich hatte ihn noch nie zuvor leibhaftig gesehen, und merkwürdigerweise nahm ich ihm gestern seine Niederlage gegen Bush übel. Seine Anwesenheit machte in erster Linie bewusst: Barack Obama muss das Ding erst noch gewinnen.

Nachdem Obama gesprochen hatte, wünschte ich mir vor allem eines: Dass ich nie mehr die Slogans „We need change“ und „Yes, we can“ zu hören brauche. Keine Missverständnisse: Ich traue Obama zu, dass er in diesem Land grundsätzliche Änderungen auf den Weg bringen kann. Aber es wäre schön, wenn er damit schon einmal anfangen könnte.

Wir haben Bush ausgesessen. Siebeneinhalb Jahre lang. Aber so langsam verlieren wir die Geduld. Werden kribbelig. Noch einmal sechs Monate! Und dazu Wahlkampf. Fast wünscht man sich, es wäre schon November. Und dabei hat der Sommer offiziell noch nicht einmal angefangen.

Friday, June 13, 2008

Der Stapellauf der Fitz vor 50 Jahren

Bei einer Feierstunde im Lake Erie Metropark am vergangenen Samstag zelebrierten ehemalige Schiffsbauer den Stapellauf der Edmund Fitzgerald vor 50 Jahren. Tatsächlich war der LaunchSpezialbräu zum Gedenken an die Edmund Fitzgerald © Cornelia Schaible der "Queen of the Lakes" ein gutes Stück weiter flussaufwärts in River Rouge, aber die Werft existiert heute nicht mehr.

Zum Vergnügen der übrigen, meist viel jüngeren Anwesenden erzählten die Zeitzeugen von kleinen Pannen, die den großen Tag begleitet hatten: Erst hatten die Werftarbeiter Mühe, die blockierenden Keile wegzuhauen. Und als dann das Schiff endlich ins Wasser rutschte, verursachte das eine Riesenwelle, und vor allem die Zuschauer auf der Ehrentribüne wurden gründlich nass. Das Publikum lauschte diesen Anekdoten gespannt – das war ganz im Sinne von Roscoe Clark, der die Veranstaltung organisiert hatte.

Clark, der in Michigan lebt, erforscht seit Jahren das Schicksal der Edmund Fitzgerald. Weil der Frachter aber für gewöhnlich nur mit seinem tragischen Ende in Verbindung gebracht wird, wollte er für einmal die Geschichte des Schiffes von einer anderen Seite beleuchten. „Noch nie hat jemand die harte Arbeit der Schiffsbauer gewürdigt", sagte er. Und für die Arbeiter bedeutete die Fitzgerald eben mehr als das Gedenken an ihre letzte Reise. Das Spezialbräu mit dem sturmumtosten Frachter auf dem Etikett, das Clark als Souvenir aushändigte, erinnerte allerdings schon daran. Das dunkle Porter der Great Lakes Brewing Co. ist übrigens nach dem bayerischen Reinheitsgebot gebraut.

Den Untergang der Edmund Fitzgerald bei der Feierlichkeit gänzlich auszublenden, war sicher auch nicht das Ziel der Veranstaltung. So war auf dem Gelände ein 1974 Dodge Challenger zu sehen, der dem 20-jährigen Crewmitglied Bruce Lee Hudson gehört hatte. Hudson arbeitete als Deckhelfer auf der Fitz. Vor der Abschlussfahrt der Saison 1975 hatte er sein Auto im Hafen von Toledo abgestellt: Der Frachter sollte ins Winterdock nach Cleveland, und dann wollte der junge Mann den Challenger abholen und gemeinsam mit einem Kumpel nach Kalifornien fahren.

Bruce Lee Hudson kam nie nach Kalifornien. Nach dem Untergang der Fitzgerald im Lake Superior, bei dem die gesamte 29-köpfige Besatzung umkam, bewahrte seine Familie den Wagen 20 Jahre lang im Originalzustand auf. Heute befindet sich der Challenger in Privatbesitz; das Auto ist gelegentlich bei Classic Car Shows zu sehen.

Aus dem Archiv: Der Untergang der Edmund Fitzgerald
Mehr zum Thema auf suite101: Das Wrack der Edmund Fitzgerald

Tuesday, June 10, 2008

The Girl in the Race

"America, this is our moment. This is our time. Our time to turn the page on the policies of the past. Our time to bring new energy and new ideas to the challenges we face. Our time to offer a new direction for this country that we love."

BARACK OBAMA am 3. Juni 2008 in St. Paul, Minnesota, als er nach Ende des Vorwahlkampfes die Nominierung sicher hatte und sich selbst zum demokratischen Präsidentschaftskandidaten ausrief.

"Today, as I suspend my campaign, I congratulate him on the victory he has won and the extraordinary race he has run. I endorse him, and throw my full support behind him. And I ask all of you to join me in working as hard for Barack Obama as you have for me. I have served in the Senate with him for four years. I have been in this campaign with him for 16 months. I have stood on the stage and gone toe-to-toe with him in 22 debates. I have had a front row seat to his candidacy, and I have seen his strength and determination, his grace and his grit. In his own life, Barack Obama has lived the American Dream."

HILLARY CLINTON am 9. Juni 2008 in Washington, D.C., als sie ihren Wahlkampf offiziell beendete und zur Unterstützung Barack Obamas aufrief.

"He's the girl in the race. Clinton came out tough; she voted for the war. Obama came out as the person bringing people together and offering messages of hope and reconciliation."

MARIE WILSON von der Organisation White House Project, die Frauen in Führungspositionen bringen möchte, im jüngsten "Time Magazine".