Sunday, April 26, 2009

Unsere schöne Vogelwelt: Der Kardinal ist kein Eintöner

Der Vogel vor meinem Schlafzimmerfenster strapaziert meine Nerven. Er singt so falsch, dass er mich frühmorgens mit seinen Misstönen weckt. Nun handelt es sich bei diesem Vogel um einen amerikanischen Robin, eine Wanderdrossel (Turdus migratorius). Und Wanderdrosseln sind zwar üblicherweise nicht so stimmbegabt wie ihre europäischen Vettern, die Amseln, aber sie können sich durchaus hören lassen. Der Robin vor meinem Fenster klingt indessen ungewöhnlich schräg. Er kann’s einfach nicht. „Wahrscheinlich hat er einen Sprachfehler“, sagt mein Mann.

Dafür hat die zwitschernde Nervensäge einen schönen rostroten Bauch (daher der Name Robin, also Rotkehlchen). Das ist mir bei den nordamerikanischen Vögeln gleich zu Anfang aufgefallen: Lauter Eintöner und Zweitöner, aber sie machen optisch viel her. Als müssten sie die Schlichtheit ihres Gesangs mit buntem Gefieder wettmachen. Es gibt aber eine Ausnahme: Der farbenprächtigste der Vögel hier zu Lande, der leuchtend rote Kardinal (Cardinalis cardinalis), hört sich auch noch angenehm an. Mit ihm ist viel Staat zu machen: In Illinois, Indiana, Kentucky, North Carolina, Ohio, Virginia und West Virginia fungiert er als offizieller state bird (Michigan hat den Robin).

Der schmelzende, lockende Ruf des Kardinals erinnert mich ein bisschen an den Gesang der Nachtigall – nicht ganz so schön und melodiös, aber von ähnlichem Gefühlswert. In Nordamerika ist es unbestritten eine Vogelstimme mit Starqualitäten: Als der sich unaufhaltsam verjüngende Benjamin Button (alias Brad Pitt) im gleichnamigen Film eines Morgens seine Geliebte verlässt, hört man einen Kardinal singen.

Meinem Mann gefallen die Kardinals-Gesänge jedenfalls so gut, dass er sie schon vor längerer Zeit auf sein Handy aufgeladen hat. Als wir im vergangenen Frühjahr in Florida waren und in einem beschaulichen alten Viertel von St. Augustine spazieren gingen, fiel uns in einem der baumbestandenen Gärten ein Kardinal mit seinem Weibchen auf. Außer dem Vogel war nichts zu hören und nicht viel zu sehen, nur eine Nonne huschte über die Straße. Mein Mann kam nun auf die Idee, den Kardinalsruf auf seinem Telefon abzuspielen, was zu unserer Verblüffung einen sehr schönen Effekt hatte: Herr und Frau Kardinal schätzten das nämlich gar nicht; sie setzten sich in den nächsten Baum und beschimpften uns tüchtig. Unerhört!

Mein Mann entdeckte schnell, das sich dieses Experiment wiederholen ließ („Ich darf das, ich bin Wissenschaftler!“). Wenn wir irgendwo wandern und einen Kardinal hören, nimmt er sein Telefon zur Hand – und schon kommt ein roter Blitz angeschossen und schimpft, was das Zeug hält. Wie der sprichwörtliche Rohrspatz. Ich wüsste nur zu gern, was der Kardinal auf dem Telefon sagt. Es muss etwas Unanständiges sein, denn die Weibchen protestieren immer besonders heftig.

Vielleicht sollte man auch unserem Robin auf dem Dach einmal einen Artgenossen vorspielen – damit er endlich lernt, wie’s geht.

Saturday, April 25, 2009

I can't have

„Honey, you are in the very expensive shoe section. These are all ,I can't have‘ shoes.“

Bemerkung einer MUTTER, deren Tochter sich in der Schuhabteilung des Kaufhauses „Parisian“ in Designertreter verguckt hatte - Beispiel für einen ganz neuen finanziellen Realitätssinn?

Thursday, April 16, 2009

Tax Day mit Teebeuteln

Am gestrigen 15. April war Tax Day, was bedeutet, dass man seine Steuererklärung vor Schalterschluss abgeschickt haben musste. Es hat sich noch nicht ganz herumgesprochen, dass man das auch früher machen kann – wir haben unsere Steuererstattung längst bekommen.

Nun sind Amerikaner dafür bekannt, dass sie besonders ungern Steuern zahlen (obwohl sie besonders schnell nach dem Staat rufen, sobald es irgendwo klemmt). Deshalb haben sich gestern in vielen Städten unzufriedene Steuerzahler auf (mit Steuergeldern finanzierten) öffentlichen Plätzen und Straßen versammelt, um mal wieder eine richtig zünftige Tea Party zu feiern. Mit dem guten alten Motto des historischen Vorbildes von anno 1773 in Boston: „No Taxation without Representation!” Logisch – das sind alles Leute, die sich von der neuen, demokratisch gewählten Regierung nicht repräsentiert fühlen. Schließlich haben sie die Wahl verloren.

Tatsächlich richteten sich die gestrigen Tea Parties weniger gegen die Steuern als gegen den Präsidenten: Es waren ganz unverhohlene Anti-Obama-Demonstrationen. Nun garantiert die freedom of speech in diesem großartigen Land, dass man auch gegen einen frisch gewählten Präsidenten auf die Straße gehen darf. Und man kann ihn auf Protestplakaten ohne weiteres beschimpfen – sogar mit Wörtern, die allesamt auf -ist enden: SOZIALIST, FASCHIST, TERRORIST. Und ANTICHRIST. Das geht sogar in Radio- und Fernsehsendungen. Aber es ist schon unappetitlich, was sich da in Amerika so zusammenbraut. Eine ziemlich braune Brühe.

Nun ist der lose Tee aus Revolutionszeiten längst aus der Mode gekommen – heute wird mit Hilfe von Teebeuteln protestiert: „Teabag the Dems before they teabag you!“ Die Leithammel dieser neuen Bewegung haben dabei allerdings übersehen, dass „Teabagging“ auf etwas anspielt, was wenig mit Politik, aber dafür ziemlich viel mit einer bestimmten sexuellen Praxis zu tun hat (man lernt doch nie aus). Das Urban Dictionary hat die zweideutigen Witzchen über die Teabagger aus der rechten Ecke bereits aufgenommen.

Ach ja, und ungefähr 95 Prozent der Steuerpflichtigen müssen dank Obama diesmal weniger zahlen. Aber das haben die Teabagger offenbar übersehen.

Sunday, April 5, 2009

Wüstenfrühling

Vor ziemlich genau vier Jahren waren wir im Death Valley.

Über das „Tal des Todes“ hatte ich schon in meiner Jugend im Bildband „Schöne geheimnisvolle Welt“ gelesen – ich besitze ihn übrigens immer noch. Der Band nährte lange meine Reiseträume. Noch so ein Reisewunsch: einmal die Wüstenblüte zu sehen, über die vor vielen Jahren ein Artikel im „Spiegel“ kam.

Im Winter 2004/05 regnete es in Südkalifornien ungewöhnlich viel; die Medien berichteten ständigWüstenblüte von 2005 im Tal des Todes © Cornelia Schaible darüber. Und dann kamen die ersten Bilder aus dem üppig blühenden Death Valley. Als mir dann noch dämmerte, dass es von Las Vegas aus praktisch nur ein Katzensprung ins „Tal des Todes“ ist, kaufte ich zwei Flugtickets. Leider kam der Koffer nicht gleichzeitig mit uns an, und so brachen wir am ersten Morgen in Vegas reichlich zerknittert ins Death Valley auf. Als wir über den Salsberry- und den Jubilee-Pass in ein duftendes und blühendes Tal einfuhren, mit der im Frühling noch weitgehend schneebedeckten Panamint-Kette als Kulisse, war der textile Notstand vergessen. Es war schlichtweg umwerfend.

Der Koffer kam dann doch noch, und an den nächsten beiden Tagen starteten wir etwas besser ausgerüstet zu unseren Exkursionen. Wir waren im „Plaza“ abgestiegen, und um in die Garage zu kommen, musste man durchs hauseigene Kasino. Dort saßen morgens um neun schon die ersten Gäste mit Drink und Zigarette an den einarmigen Banditen. Es sah bestimmt lustig aus, wie wir da mit Wanderstiefeln und Rucksack durch die Spielhalle marschierten.

Bis heute habe ich allerdings kein einziges der schicken Kasinos am Strip von innen gesehen. Vielleicht sollten wir wieder einmal nach Las Vegas fliegen.

Mehr zum Thema auf suite101: Frühling im Death Valley National Park