Sunday, May 31, 2009

Sammlerglück

Kürzlich trafen wir bei einem Waldspaziergang einen Kollegen meines Mannes und dessen Verlobte. Beide waren über diese Begegnung nicht ganz glücklich, das war ihnen deutlich anzusehen. Mir war auch sofort klar, warum: Aus der Anoraktasche der jungen Frau hing ein blaues Einkaufsnetz. Hier zu Lande benutzt man das eher nicht zum Einkaufen. „Irgendwelche Morcheln gefunden?“, fragte mein Mann unschuldig. Da lachten die beiden nur. „Maybe! Maybe!“ Wie kann man auch nur so dumm fragen.

Wir verlangsamten dann unseren Schritt, wie sich das gehört – Pilzsammlern, die man kennt, spioniert man nicht hinterher. Sie kamen bald schon wieder zurück, mit leeren Händen. Aber er kenne noch andere Stellen, sagte der Pilzfreund zuversichtlich. Und tatsächlich: Zwei Tage später brachte mein Mann ein Tütchen mit Morcheln nach Hause. Der Kollege war fündig geworden und hatte auch an uns gedacht. Es schmeckte köstlich.

Am Wochenende darauf drehten wir unsere übliche 10-Kilometer-Runde im Stony Creek Metro Park. Der Weg für Fußgänger und Radfahrer führt dort durch Wiesen und kleine Waldstücke, und die Parkstraße ist meistens in Sichtweite. Als wir ungefähr die Hälfte geschafft hatten, hielt nicht weit von uns am Straßenrand ein Auto, um jemand aussteigen zu lassen. Es handelte sich um einen Mann mit Strohhut, der einen mit Löchern versehenen Plastikeimer in der Hand trug und zielstrebig in Richtung Wald marschierte. „Nichts wie hinterher!“, sagte ich.

Wir betraten das Wäldchen in einiger Entfernung von der Stelle, wo der konspirative Sammler im Unterholz verschwunden war. Das war gut so, denn nachdem ich das Dickicht am Waldrand hinter mir gelassen hatte und ein paar Schritte im modrigen Laubwald gegangen war, stand ich schon vor der ersten Morchel. Sie fand sich unter einem alten Apfelbaum – wo heute Buche und Ahorn wachsen, war früher einmal Farmland. Einen besseren Standort gibt es nicht. Es war auch nicht die einzige; der Pilzfund reichte immerhin für ein Abendessen.

Man müsste wirklich noch mehr Pilzstellen haben.

Thursday, May 7, 2009

Das Reisen in Zeiten der Schweinegrippe

For all domestic and international flights, the U.S. threat level is High, or Orange“, sagt eine Stimme aus dem Flughafen-Lautsprecher. Das bezieht sich immer noch auf die Bedrohung durch Terroristen, nicht Viren. Wir ziehen also wie gewohnt unsere Jacken, Gürtel und Schuhe aus und verstauen sie in den schmuddligen grauen Plastikschalen, die ich an diesem Tag besonders ungern anfasse. Hilft Desinfizieren gegen den Feind?

In Nashville haben wir einen längeren Aufenthalt, länger als gedacht – der Flieger nach San Antonio kommt aus Kansas, und dort toben heftige Unwetter. Wir versuchen uns die Zeit zu vertreiben, inspizieren die Flughafen-Shops. Auf den Fernsehschirmen in den Wartebereichen läuft CNN; ungewöhnlich viele Reisende verfolgen das Programm. Der Präsident hält gerade eine Pressekonferenz zu seinen ersten hundert Tagen im Amt. Eine Journalistin fragt ihn, ob er beabsichtige, wegen der Schweinegrippe die Grenze zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko zu schließen. Nein, sagt Barack Obama. „It would be akin to closing the barn door after the horses are out.“ Wenn die Pferde erst weggelaufen sind, bringt es auch nichts mehr, die Stalltür zu schließen.

Ich gehe aufs Klo. Dort gibt es einen Stau am Waschbecken, weil sich alle mit nie gesehener Gründlichkeit die Hände schrubben. An den Spiegeln hängt eine kopierte Anweisung, wie man das am besten macht. Händewaschen nach dem Gang zur Toilette ist in Amerika nicht für alle selbstverständlich, wie gelegentliche Umfragen belegen. Aber jetzt herrscht offenbar Handwaschzwang. Eine Atemschutzmaske trägt allerdings so gut wie niemand.

Auch in San Antonio, wo wir spät in der Nacht ankommen, herrscht nicht gerade Schweinegrippen-Panik, obwohl im südlichen Teil von Texas bereits eine ganze Reihe von KrankheitsfällenDon't mess with Texas – eine freundliche Erinnerung am Straßenrand © Cornelia Schaible gemeldet sind. Am River Walk ist abends ein unglaubliches Gedränge. Wie üblich, nehme ich an. Das größte Risiko hier: in den Fluss zu fallen.

An unserem zweiten Tag in Texas fahren wir ein wenig durch die Gegend. Irgendwo nördlich von San Antonio, wo sich spanische Ortsnamen mit deutschen und englischen abwechseln, kommen wir an einem seltsam verrammelten Schulgebäude vorbei. „Haben die gerade Ferien?“, wundert sich mein Mann. Nein, das kann nicht sein. Ich tippe mal auf Schweinegrippe. Wenig später halten wir beim Bergheim General Store, im Jahr 1903 gegründet von einem gebürtigen Österreicher namens Andreas Engel. Neben allen Dingen, die man zum Überleben braucht, darunter auch Jeans der Marke Wrangler und Cowboy-Stiefel, liegt dort eine Zeitung aus. Dieser entnehme ich, dass im Ort Cibolo mehrere Schüler an Schweinegrippe erkrankt sind und daher die Schulen im Bezirk Comal bis auf Weiteres geschlossen bleiben. Comal County, da sind wir gerade.

Wir fahren weiter durch die hügelige Landschaft. Aus dem Radio tönt Countrymusik, ja genau, und am Straßenrand verblühen gerade die letzten Blue Bonnets. Muss ziemlich beeindruckend aussehen, wenn ganze Landstriche blau leuchten. Aber dafür sind wir ein paar Wochen zu spät dran. Gelegentlich kommen wir an einer Ranch vorbei, deren Eingangstor ein ausgebleichter Longhorn-Schädel schmückt. „Don’t mess with Texas“, steht auf einem Straßenschild.

Hoffentlich wissen das die Viren auch schon.

Monday, May 4, 2009

Nicht Schwein gehabt

„As a precaution, people with flu-like symptoms should not interact with swine, and swine showing influenza symptoms should be kept away from the public.“

US-Agrarminister TOM VILSACK zum Thema Schweinegrippe. Nachdem es noch vor Kurzem hieß, kein Schwein hat Grippe, liegt jetzt ein ganzer kanadischer Bauernhof darnieder, Schwein und Mensch gleichermaßen.