Monday, February 28, 2011

Oscar für Inside Job

„Forgive me, I must start by pointing out that three years after our horrific financial crisis caused by massive fraud, not a single financial executive has gone to jail, and that’s wrong.“

Filmemacher CHARLES FERGUSON gestern bei den Academy Awards, nachdem er den Oscar für seine Finanzkrisen-Doku „Inside Job“ entgegengenommen hatte. Abgesehen von dieser Bemerkung wirkte die Veranstaltung seltsam losgelöst vom Zeitgeschehen: Die arabische Welt ist in Aufruhr, im Mittleren Westen der USA demonstrieren Menschen für ihre Gewerkschaftsrechte – und ein Film über einen englischen Monarchen in den Dreißigerjahren erhält höchste Oscar-Würden. Der Academy Award für Colin Firth war sicher verdient, aber irgendwie lässt einen das Gefühl nicht los, dass die Auszeichnung für den stotternden König eine sehr bequeme Sympathiekundgebung war.

Mehr zum Thema auf suite101: „The King's Speech“: Colin Firth als Sympathieträger der Saison

Monday, February 21, 2011

Prickly Pig

„Was ist Ihr Lieblingswort?“, fragte ich meine Studenten in der Zusatzaufgabe eines Tests. Die Anworten reichten von kurzen Wörtern wie „Apfelsaft“ (Begründung: „weil es lustig zu sagen ist“) bis zu etwas länglicheren wie „Geschwindigkeitsbegrenzung“. Mein persönlicher Favorit war „Stachelschwein“. Vor allem deswegen, weil es die Studentin phonetisch geschrieben hatte – „Schtachelschwein“. Das sah besonders stachelig aus.

Als ich von der Existenz der Stachelschweine erfuhr, war ich noch ziemlich klein. Im Herbst 1971 muss das gewesen sein (ich habe es soeben nachgeschaut), und ich war demnach gerade in die dritte Klasse gekommen. Denn das war das Jahr, in dem Roy Black seinen letzten großen Hit landete: „Schön ist es auf der Welt zu sein...“, sang er mit der kleinen blonden Anita. Ich muss allerdings gestehen, dass ich damals nicht wusste, dass Klein-Anita blond war – wir hatten nämlich keinen Fernseher; ich hörte den Schlager im Radio. Die Unterhaltung zwischen Biene und Stachelschwein fand ich allerdings ziemlich albern. Und ich konnte mir beim besten Willen nichts darunter vorstellen. Wie so ein Stachelschwein wohl aussehen mochte?

Es sollten noch fast vier Jahrzehnte vergehen, bis ich ein lebendiges Stachelschwein zu Gesicht bekam – ein paar flache hatte ich auch vorher schon gesehen, als Roadkill am Straßenrand. Es war im Sommer vor zwei oder drei Jahren auf der Upper Peninsula, als wir ein Tier in einer merkwürdigen Aufmachung über die Straße huschen sahen. Wir fuhren mit dem Jeep scharf rechts ran (auf der UP kann man das), stiegen aus und traten an die Böschung. Dort kämpfte sich gerade ein Porcupine durchs Gestrüpp – das arme Tier blieb mit seinen langen quills überall hängen. Der stachelige Umhang sah nicht besonders praktisch aus. Aber er schützt sicher ungemein.

Als ich meinen Studenten bei der Testbesprechung erklärte, Stachelschwein hieße wörtlich übersetzt „prickly pig“, sorgte das für große Heiterkeit. Es ist jedenfalls ein sehr schönes Wort.

Sunday, February 20, 2011

Socialism for Capitalists

„[…] we still have socialism for capitalists, and capitalism for everybody else.“

MICHAEL LEWIS, Autor von „The Big Short“, auf MSNBC in einem Kommentar zu den jüngsten Banken-Gewinnen; zitiert nach Frank Rich in der „New York Times“ vom 12. Februar.

Tuesday, February 15, 2011

Gedanken zu Punkten und Strichen

Dirk Westphal, Chefredakteur von „suite101.de“, outete sich gestern als „Gedankenstrichfetischist“ in einem Blogbeitrag über „über die Marotten von Autoren“.

Und ich hab’ mich schon gewundert, warum bei suite101 niemand an meinen überall großzügig versprenkelten Gedankenstrichen Anstoß nimmt. Ganz im Gegenteil: Gelegentlich haben Redakteure noch – zusätzlich! – welche eingefügt. Wie der Herr, so’s Gescherr, nehme ich an...

Womit ich mein Soll an Ausrufezeichen und Pünktchenpünktchen in diesem Text auch schon erfüllt hätte. Als ich einst Redakteurin war, genehmigte ich bei meinen freien Mitarbeitern nie mehr als ein Ausrufezeichen pro Text; fürs ausufernde Pünktchen musste man schon einen Antrag schreiben. Oder so ähnlich. Neuerdings gibt es aber noch eine Interpunktionsmarotte, die ich für weitaus bedenklicher halte als den, Zitat Westphal, „marktschreierischen Doppelpunkt“ – das sind die Sätze von der Sorte: Jetzt. Kommt. Aber. Etwas. Total. Wichtiges. Nun, und was das Semikolon angeht, vielleicht sollte man dafür ein Preisausschreiben ausloben, mit einem Augenzwinkern. Wahrscheinlich gilt es vielen als elitär, wie im US-Englischen.

Als bei den New Yorker Verkehrsbetrieben einmal jemand auf die Idee kam, in aller Öffentlichkeit ein Semikolon zu benutzen, wurde darüber in der „New York Times“ berichtet. I’m not kidding. Die Überschrift des Artikels lautete: „Celebrating the semicolon in a most unlikely location.“

Thursday, February 3, 2011

Das Jahr des Hasen

Wenn mich jemand nach meinem Sternzeichen fragt, antworte ich stets: Mein Name ist Hase! Von chinesischen Tierkreiszeichen verstehe ich zwar nichts – aber sie sind mir allemal sympathischer als Japanisches Reisschälchen mit Hasenmotiv © Cornelia SchaibleHoroskope westlicher Prägung. „Luckiest of all signs. You are also talented and articulate“, steht auf einem mit dem chinesischen Zodiak bedruckten Platzdeckchen, das ich einmal aus einem China-Restaurant mitgenommen habe. Das hört man doch gern. „Affectionate, yet shy, you seek peace throughout your life. Marry a Sheep or a Boar!“ Das habe ich offenbar richtig gemacht, ohne es zu wissen. Ich habe ganz bestimmt nie darüber nachgedacht, ob es wohl gut ist, ein Wildschwein zu heiraten.

Jedenfalls beginnt heute das Jahr des Hasen – mein viertes. In meinem dritten Hasenjahr war ich in Japan. Meine Güte, ist das wirklich schon zwölf Jahre her? Dort kauften wir auch die Reisschälchen mit den Hasenmotiven, die auf dem Foto zu sehen sind.

Das Hasenjahr sei ein harmonisches und angenehmes, meinen die Chinesen. Das wünsche ich uns allen. Ein „9 course New Year dinner“ inklusive „Free Lion Dance“ bietet das nächstgelegene chinesische Restaurant in den nächsten Tagen an. Das sollte man sich glatt überlegen.

Happy New Year!