Saturday, December 24, 2011

Wo Seesterne am Christbaum hängen

Es gibt vieles, was ich an Deutschland vermisse – Weihnachtsmärkte gehören indessen nicht dazu. Zumal das Wetter selten richtig passt: Ich erinnere mich an meine Volontärszeit in Ulm, als den ganzen November über eisiges Winterwetter herrschte, aber sobald auf dem Münsterplatz die hölzernen Buden aufgestellt wurden, setzte Tauwetter ein. Der Weihnachtsmarkt im Schatten des Münsters war allerdings trotzdem stimmungsvoll, und es duftete herrlich. Es gab einen Stand, der nichts als Springerle verkaufte, allesamt kleine Kunstwerke. Sicher trank ich auch einen Glühwein.

Heutzutage höre ich "Let it snow" am liebsten in subtropischem Klima aus einem Lautsprecher plärren: Dass Palmen, Goldsterne und Kokosnüsse bestens zusammenpassen, lernte ich in Miami. Diesmal waren wir auf Siesta Key, in diesem Jahr zu „America’s Best Beach“ gekürt. Nachmittags stieg die Temperatur auf 80 Grad Fahrenheit. Zum Baden war der Golf von Mexiko zwar zu kalt, aber Strandspaziergänge in kurzen Hosen reichen mir für Dezember. Baden kann ich dann wieder im Sommer im Lake Michigan.

Florida in der Vorweihnachtszeit ist herrlich, zumal dann die besten Meeresfrüchte Saison haben. Ein Dutzend Austern, bitte! Mich stören nicht einmal die Tannenbäume aus Plastik, solange sie mit Seesternen und Muscheln geschmückt sind. Eines Abends, als wir auf der Einkaufsinsel St. Armand Key beim Bummeln waren, kam Santa auf einer roten Harley Davidson angefahren, und im Seitenwagen saßen vier weiße Malteserhündchen mit roten Schleifen. Als er „Ho-ho-ho“ rief, fingen sie an zu kläffen. Only in America.

Seit Dienstag sind wir wieder zurück. Es machte auch gar nichts, dass wir den Jeep auf dem Shuttle-Parkplatz diesmal nicht aus dem Schnee ausgraben mussten. Weiße Weihnachten? Der weiße Sand von Siesta Key Beach ist mir lieber. Mein Mann hat eine Plastikflasche voll abgefüllt und mitgebracht. Rieselt auch sehr schön.

Thursday, December 22, 2011

Warum Michael Moore zum Studienabbrecher wurde

Lecture ist das englische Wort für Vortrag oder Referat, und im universitären Sprachgebrauch ist es einfach eine Vorlesung. Aber auch wenn das Event als lecture angekündigt und der Veranstaltungsort eine Uni ist, muss der Vortragende noch lange nicht aussehen wie einMichael Moore © Cornelia Schaible Professor. Der Mensch, der da in Sweatpants und Kapuzenshirt auf die Bühne schlappte, sah einfach aus wie Michael Moore. Wobei „Bühne“ hier durchaus wörtlich gemeint ist: Das Ganze war im Meadow Brook Theatre, und das Rednerpult befand sich vor einer Kulisse, die einen großen Ohrensessel in einem altertümlich eingerichteten Zimmer zeigte. Michael Moore wunderte sich nur kurz, bis ihn das Publikum darüber aufklärte, was da gespielt wurde: „A Christmas Carol“ von Charles Dickens. „Wie passend für diese Zeiten“, spottete Moore und imitierte Ebenezer Scrooge, der die Bitte um eine Spende für die Armen mit den Worten quittiert: „Are there no prisons?“

Damit war Michael Moore eigentlich schon bei seinem Lieblingsthema angelangt: dem Rundumschlag gegen Kapital und Politik. Aber er befand sich nun einmal auf Buchtour, und auch wenn es bei der Veranstaltung am 30. November an der Oakland University nie zu einer Lesung aus seinem jüngsten autobiografischen Werk „Here Comes Trouble“ kam, fühlte er sich doch dazu bemüßigt, erst einmal ein paar Schwänke aus seiner Jugend zum Besten zu geben. Präziser gesagt, aus seiner Studienzeit – zu diesem Zweck trug er wohl die grüne Michigan-State-Baseballkappe. Michigan State University (MSU) befindet sich in East Lansing, unweit von Moores Heimatort Flint.

Michigan State ins Spiel zu bringen ist an der Oakland University immer eine gute Idee – die 1957 gegründete OU war in den ersten Jahren ein Ableger der MSU, und beim College Football sind die meisten OU-Studenten heute immer noch Fans der Spartans von der Mutteruniversität; nur wenige jubeln für die Wolverines der University of Michigan in Ann Arbor. Bei der Wahl seiner Kopfbedeckung richtet sich Moore wahrscheinlich nach seinem Publikum; man sah ihn auch schon mit dem gelben „M“ der Konkurrenz-Uni auf der Mütze.

Ach, diese nervige Baseballkappe. Sie rutschte ihm immer wieder tief in die Stirn, und dann schob er sie wieder zurück. Bestimmt hundert Mal. Und der Schatten der Krempe machte es auch fast unmöglich, ihn zu fotografieren. Aber ich schweife ab.

Moore erzählte den Studenten im Meadow Brook Theatre, warum er im zweiten Semester zum Studienabbrecher wurde: „Ich konnte einfach keinen Parkplatz finden!“ Großes Gelächter – die Parkplatznot am ersten Tag nach den Semesterferien ist auch an der OU notorisch. Und nach einer Stunde Herumkurven, so Moore weiter, habe er sich gesagt: „F--- it, I am dropping out.“ Das Fazit des Schriftstellers und Filmemachers: „My life changed, because I couldn’t find a parking space.“ Der Saal johlte.

Ob auch David Hasselhoff keinen Parkplatz fand, ist nicht bekannt – er war vorübergehend einmal Student an Oakland University, wie ich von Moore erfuhr. Warum er ihn überhaupt erwähnte, blieb unklar. Wahrscheinlich war es ein wohlfeiles Name-Dropping. Hasselhoff, so habe ich inzwischen nachgeschlagen, schloss sein Schauspiel-Studium übrigens später in Kalifornien ab.

Was Michael Moore vor OU-Publikum ebenfalls nicht unerwähnt lassen konnte, war die Debatte der republikanischen Präsidentschaftsbewerber, die kürzlich an der Uni in der Detroiter Vorstadt Rochester abgehalten wurde. Übrigens unter weitgehendem Ausschluss der Studentschaft; das Publikum bestand aus handverlesenen lokalen Republikanern. Was nicht verhinderte, dass sich der Texaner Rick Perry unsterblich blamierte, als ihm partout nicht mehr einfallen wollte, welche Ministerien er genau abschaffen wollte. Nummer eins und Nummer zwei konnte er schon noch aufzählen, aber was war gleich das dritte? „Oops.“ Nun, der Videoclip war immerhin sehr unterhaltsam. Das fand auch Michael Moore: „Thank you for hosting one of the best comedy shows of the year!“

Nach einigen Seitenhieben auf die Republikaner kam Michael Moore sehr bald auch auf das Thema zu sprechen, bei dem er nicht mehr sarkastisch wirkte, sondern nur noch sehr, sehr bitter: Barack Obama. Bei dessen Wahl zum Präsidenten er ein Tränchen verdrückte hatte, wie er gestand. Moore gehört zu den ziemlich lauten Kritikern des demokratischen Lagers, die Obama nie verziehen haben, dass er eben doch nicht auf Wasser gehen konnte. Dass er nach Schlägen von seinen politischen Gegnern auch noch die andere Backe hinhielt, nahmen sie ihm noch viel mehr übel. „Er glaubt wirklich daran, dass man seine Feinde lieben sollte!“, sage Moore kopfschüttelnd. Statt mit heiligem Zorn einmal richtig durchzugreifen. Nun, auch die Linke pflegt ihre totalitären Fantasien.

Heutzutage setzt Moore seine ganze Hoffnung auf die Occupy-Bewegung. Der erfolgreiche Filmemacher sieht sich dabei durchaus auf der Seite der Habenichtse, trotz seines Millionen-Anwesens im nördlichen Michigan, und eine entsprechende Anfrage aus dem Publikum wehrte er nonchalant ab: In der Presse werde das immer gewaltig übertrieben, sagte er schnell, so viel sei die Immobilie gar nicht wert. Aber immerhin rund zwei Millionen Dollar, laut öffentlicher Steuerregister. Will heißen: Aus Michael Moore ist schon noch etwas geworden, obwohl er im zweiten Semester keinen Parkplatz finden konnte.

Saturday, December 17, 2011

Yes, He Ended the War

“You’d never know it, given Republicans’ churlish silence and unseemly sniping, but the president and the vice president have stumbled and bumbled their way to an acceptable ending to the war that George W. Bush and Dick Cheney so recklessly started. It was a magnificent miscalculation that Obama warned in 2002 was ,a dumb war.‘ […]

Vice President Joseph Biden spent so many hundreds of hours hashing things out with Iraqi officials that he knew the names of their grandchildren – just as Bill Clinton could reel off street names during the peace effort in Northern Ireland.“

MAUREEN DOWD in ihrer heutigen Kolumne in der „New York Times“, gelesen online auf Siesta Key.