Saturday, March 31, 2012

Der Wonnemonat März

Der März ist gekommen, die Bäume schlagen aus. Richtig?

Nun, auf manche US-Bundesstaaten mag diese leicht geänderte Version des deutschen Volksliedes zutreffen, in den meisten Jahren wenigstens. Michigan gehört allerdings nicht dazu – oder besser, gehörte nicht dazu. März, das war einmal Winter. Ein guter Teil der Schneebilder in meinen Fotobeständen entstand genau in dem Monat. In jüngster Zeit kamen allerdings keine mehr dazu, dafür gab es einfach zu wenig Winter.

Dafür war diesem März schon zwei Wochen lang Sommer, und zwar so richtig. Meine Studentinnen trugen bereits ihre kürzesten Shorts, und ich holte eine besonders leichte Jacke aus dem Schrank und ging zum ersten Mal in meinem Leben im März ohne Strümpfe. Für die jahreszeitlich eher angemessene Garderobe war es einfach viel zu heiß. Bereits an St. Patrick’s Day, der auf einen Samstag fiel, war es ungebührlich warm – die Straßen waren voll mit Menschen in seltsam grünen T-Shirts, die aus der irischen Sause ein sommerliches Fest mit Guinness machten. Normalerweise hätten sie noch eine Jacke darüber tragen müssen, aber die war dieses Mal überflüssig. Sonst gab es – naturgemäß – noch nicht viel Grün. Dafür viel Sonne.

Ein solcher frühreifer Sommer fühlt sich merkwürdig an, nicht zuletzt weil die Kulisse nicht stimmt. Die Natur vermag mit dem plötzlich Temperaturanstieg nicht Schritt zu halten, die Flora am Boden Wild Pear Tree © Cornelia Schaiblejedenfalls. Die Bäume schon eher. Hinter unserem Haus steht eine Holzbirne, die allerliebst unseren Balkon einrahmt. Zu den Freuden einer neuen Wohnung gehört auch, im ersten Zyklus der Jahreszeiten herauszufinden, was ums Haus herum so grünt und blüht. Mit dem Birnbaum hatte ich frühestens im Mai gerechnet. Überraschung! Insofern ist so eine Märzenblüte natürlich toll.

Trotzdem haftet diesen unzeitigen Sommertagen etwas erheblich Unstatthaftes oder Unziemliches an. Als bekäme man die Weihnachtsgeschenke schon lange vor Weihnachten. Es ist auch bereits wieder kälter geworden, und die Mädchen in ihren Hotpants frieren. Wahrscheinlich kann man die Holzbirnen, das Vogelfutter für den nächsten Winter, diesmal komplett abschreiben. Und das restliche Obst ebenfalls.