Saturday, June 30, 2012

The Wrong People Die

„So frequently the wrong people die.“

Talkshow-Moderator DICK CAVETT zum Tode von Nora Ephron (19. Mai 1941 – 26. Juni 2012). Recht hat er. Allerdings ist eine Schriftstellerin ihres Schlages ohnehin unsterblich, und sei es nur wegen einer einzigen Zeile: „I'll have what she's having.“

Friday, June 29, 2012

Wer hat's erfunden?

„Congratulations to Mitt Romney! His signature contribution to American life, devising a health plan that became a model for the only major Western democracy without medical care for nearly all of its citizens, has been upheld. […]

Now Romney has no choice but to run against himself. […] To please a Republican Party that waves its gnarled fists at progress, Romney promises, crosses his heart and swears on his mother’s grave that he will repeal Obamacare on Day 1 of his presidency.“

TIMOTHY EGAN auf dem Kommentar-Blog der „New York Times“ zur gestrigen Entscheidung des Obersten Gerichtes der USA, die Gesundheitsreform von Präsident Obama aufrechtzuerhalten.

Monday, June 4, 2012

Zur Sache, Wortschätzchen

Die Orthografie des Englischen ist nicht phonetisch begründet, sondern etymologisch. Was im Klartext bedeutet, dass viele Wörter im heutigen Englisch immer noch so geschrieben werden wie sie im Mittelalter ausgesprochen wurden. Für Laien – und seien sie englische Muttersprachler – ist die Beziehung zwischen geschriebenem und gesprochenem Wort oft nur schwer erkennbar. Leider wird über diesen Sachverhalt in Schulen nur ungenügend aufgeklärt; ich bin sogar fest davon überzeugt, die abenteuerliche Diskrepanz zwischen Aussprache und Schreibweise im Englischen wird bewusst vertuscht, um kleine Kinder nicht zu erschrecken. Ich habe schon erwachsene Amerikaner große Augen machen sehen, wenn ich die Wörter noose und nose auf eine Tafel schrieb und darunter dann loose und (to) lose. Noch Fragen?

Die Rechtschreibung im Englischen ist Glückssache, wie sich etwa bei meinen Studenten laufend zeigt – die schreiben bespielsweise das Wort für „mittelalterlich“ ganz unbekümmert phonetisch. Statt medieval kommt dann etwas heraus, was man als das „mittlere Übel“ übersetzen könnte. So ein Pech aber auch. Man könnte nun darüber philosphieren, wie man medieval wohl im Mittelalter ausgesprochen hätte... Kleiner Scherz.

Anyway. Wer daraus nun schlussfolgert, die Rechtschreibung stünde bei den Amerikanern generell in geringem Ansehen, liegt falsch. Das Gegenteil ist der Fall: Jährlich werden in den USA unzählige Buchstabierwettbewerbe für Kinder ausgetragen, von der lokalen bis zur nationalen Ebene. Und über die Gewinner eines sogenannten spelling bee wird in der Presse ausführlich berichtet. In diesem Jahr machte eine Sechsjährige namens Lori Anne Madison von sich reden, die jüngste Teilnehmerin am nationalen Wettbewerb aller Zeiten. Ihr Lieblingswort? Das deutsche Fremdwort sprachgefuhl, das sie nach Zeitungsberichten vorwärts wie rückwärts buchstabieren kann.

Das gab mir zu denken. Eines meiner persönlichen Lieblingswörter im Deutschen ist zwar „Wortschatz“, aber „Sprachgefühl“ ist auch etwas Wunderbares. Dank diverser Rechtschreibreformen – ich meine das ganz ohne Ironie! – ist die deutsche Orthografie wenigstens halbwegs phonetisch, oder vielmehr phonemisch. In Deutschland gelten Diktate deswegen auch nicht als Nationalsport, wie etwa bei den Franzosen. Aus gutem Grund: „The French pronounce hardly any letter“, sagte meine Kollegin Dikka Berven kürzlich bei einer Preisvergabe, um die Leistung ihrer Studenten beim französischen Diktat herauszustreichen. Mein Tipp: Wer ein anderes Hobby bevorzugt, sollte einfach das Fach wechseln. „Wir sprechen alles aus!“, erkläre ich meinem Anfängerkurs in der allerersten Stunde und gratuliere den Studenten zu ihrer Entscheidung. Statt sich mit einer spitzfindigen Orthografie herumzuplagen, können sie sich weitaus Interessanterem widmen, etwa den Finessen der deutschen Satzkonstruktion. Und dafür braucht man – voilà – vor allem eines: Sprachgefühl.

Aber so ein Sprachgefühl muss sich erst einmal entwickeln, und das ist ein selbstverständlich ein längerer Prozess. Wenn die Studenten motiviert werden können, dem Klang der Sprache zu lauschen und sich gleichzeitig Wortbilder einzuprägen, kommt dieser Prozess aber wie von selbst in Gang. Die Wahl eines deutschen Lieblingswortes hilft dabei ungemein. Ich mache das gerne mit den Studenten im zweiten Jahr: Im vergangenen Wintersemester konnten sie nicht nur ihre Wortschätzchen einreichen – es gab auch einen Buchpreis zu gewinnen. Und dann wurde gewählt. Wichtig ist, dass die Studenten nicht für ihren eigenen Vorschlag stimmen dürfen, denn sonst kommt kein vernünftiges Ergebnis zustande. Und das waren die Top Ten aus rund 30 Vorschlägen:
  1. der Schöpflöffel
  2. der Dudelsack
  3. das Edelweiß
  4. die Geschwindigkeitsbegrenzung
  5. das Drachenfliegen
  6. die Schadenfreude
  7. das Eichhörnchen
  8. der Einkaufswagen
  9. das Larifari
  10. die (Zahl) Neunhundertneunundneunzig
Die Studentin, die das Siegerwort „Schöpflöffel“ eingereicht hatte, begründete ihre Entscheidung folgendermaßen: „This one just sounds kind of funny to my ears. Both in how it’s pronounced and what it means. It’s fun to say.” Dem gibt es nichts hinzuzufügen.