Friday, November 9, 2012

Jubel auf dem Campus

Am späten Dienstagabend, kurz nach 23 Uhr Ostküstenzeit, ertönte ein Jubelschrei über den Campus, berichtet „The Michigan Daily“, die Unizeitung aus Ann Arbor. Das war der Moment, in dem die Nachrichtensender den Wahlsieg von Präsident Obama verkündeten. In der Tübinger US-Partnerstadt hatten viele Studenten am Wahlabend grüppchenweise die Auszählung im Fernsehen verfolgt. Als der Wahlausgang feststand, habe sich Erleichtung breit gemacht, schreibt das Uniblatt weiter. Hunderte von Studenten versammelten sich daraufhin spontan auf dem „Diag“, dem zentralen Platz auf dem Unigelände, um Obamas Wiederwahl zu feiern. 2008 war das schon ähnlich gewesen.

Wie in Ann Arbor zeigte sich landesweit, dass es der Obama-Kampagne tatsächlich gelungen war, eine neue Generation von Jungwählern zu mobilisieren – ein entscheidender Faktor bei der Wahl, die dem Demokraten Obama eine zweite vierjährige Amtszeit beschert. Dass er in Ann Arbor punkten kann, war allerdings nie die Frage: In der traditionell demokratischen Tübinger Partnerstadt erhielt der Präsident 67 Prozent der Stimmen. Spannender war, wie die Wahl im Michigan insgesamt ausgehen würde – dem Bundesstaat fiel als „Swing State“ eine wahlentscheidende Rolle zu. Nun, Barack Obama gewann ihn mit 51 Prozent und schnitt somit noch einen halben Prozentpunkt höher ab als im Landesdurchschnitt.

Das Ergebnis mag auf den ersten Blick überraschen, denn der unterlegene republikanische Kandidat Mitt Romney kommt ursprünglich aus Michigan, und sein Vater war sogar Gouverneur im Bundesstaat. Aber Michigan ist auch die Heimat der US-Automobilindustrie, die im Krisenjahr 2009 vor dem Bankrott stand und nur durch eine vorübergehende Verstaatlichung gerettet werden konnte – eine der ersten Amtsaktionen von Präsident Obama, die rund eine Million direkt und indirekt von der Autoindustrie abhängiger Arbeitsplätze sicherte. Sein Herausforderer Romney hatte diese staatliche Intervention aber stets abgelehnt und bis zuletzt im Wahlkampf schlecht geredet. Bei der Bevölkerung war das wohl nicht so gut angekommen, übrigens genau wie im benachbarten Ohio, einem weiteren Schlüsselstaat mit viel Industrie, der an Obama ging.