Tuesday, November 11, 2014

Wie Ann Arbor und Michigan gewählt haben

Bei den US-Kongresswahlen vor einer Woche konnten die Republikaner den Demokraten genügend Senatorenposten abjagen, um die Mehrheit auch in der oberen Kammer zu übernehmen. Der Sitz aus Michigan war jedoch nicht darunter. Dabei hatten sich die Republikaner im Bundesstaat zunächst große Hoffnungen gemacht, als der demokratische Senator Carl Levin Anfang 2013 seinen Rückzug aus der Politik angekündigt hatte.

Der Kongressveteran Levin, seit 1979 im US-Senat, war nicht nur in seinem Heimatstaat populär. Mit dem sorgfältig übergekämmten Resthaar und der tiefsitzenden Lesebrille war er außerdem eine der markantesten Politfiguren Washingtons. Im jovialen Mittfünfziger Gary Peters, bisher schon Mitglied des Repräsentantenhauses, scheint die Partei indessen einen adäquaten Nachfolger gefunden zu haben: Mit 55 Prozent der Stimmen gewann der Demokrat den Sitz ohne große Mühe. Immerhin war die republikanische Gegenkandidatin Terri Lynn Land jahrelang Staatssekretärin in Michigan und ebenfalls sehr bekannt. Aber Gary Peters gab sich eben nicht als Republican light wie andere demokratische Bewerber für den Senat, die dann trotzdem verloren. Es ist schon auffällig, dass gerade die Kandidaten, die ihren Päsidenten und seine Politik nicht verleugnet hatten, fast alle gewählt oder wiedergewählt wurden. In Ann Arbor konnte Peters sogar über 67 Prozent der Stimmen für sich verbuchen.

Die Kandidaten mit einem „D“ hinterm Namen haben in A2 durchweg wieder besonders gut abgeschnitten – ginge es nach Tübingens Partnerstadt, hieße der Gouverneur jetzt anders. Dabei müsste der Republikaner Rick Snyder eigentlich einen Heimvorteil haben: Der Geschäftsmann aus der IT-Branche, der vor vier Jahren als „taffer Streber“ ins Amt einzog, wohnt in Superior Township, einer überwiegend ländlichen Gemeinde in der Umgebung von Ann Arbor. Snyder lässt sich bis heute vom privaten Heim zum Regieren chauffieren – Lansing, die Hauptstadt des Bundesstaates, ist nur eine gute Fahrtstunde entfernt.

Snyder gibt familiäre Gründe dafür an, warum er nicht in die Gouverneurs-Residenz nach Lansing gezogen ist, sondern in der Nähe der deutlich attraktiveren Demokraten-Hochburg blieb. Im Landkreis Washtenaw, zu dem Ann Arbor gehört, erhielt er trotzdem nur knapp 42 Prozent der Stimmen; sein demokratischer Herausforderer Mark Schauer, ein Berufspolitiker aus der Cornflakes-Stadt Battle Creek, kam auf über 56 Prozent. Im Bundesstaat insgesamt siegte Snyder mit 51 Prozent; Schauer erreichte nur 47 Prozent. Snyder hatte am Anfang seiner Amtszeit zwar viel Schelte bezogen, als er einen Einheitssteuersatz für Unternehmen eingeführt und dafür Pensionen besteuert hatte; in jüngster Zeit bekam er aber gute Noten für wirtschaftliche Initiativen sowie seine Führungsrolle bei der Bewältigung der Finanzkrise von Detroit.

Gänzlich ohne Überraschungen ging die Wahl des neuen Bürgermeisters in Ann Arbor aus. Der bisherige Mayor John Hieftje hatte sich nach 14 Jahren im Amt zurückgezogen, und der demokratische Stadtrat Christopher Taylor kandidierte über längere Zeit konkurrenzlos. Er erhielt 84 Prozent der Stimmen. Der einzige Gegenkandidat, ein jugendlicher Autor und Musiker namens Bryan Kelly, war nach eigenem Bekunden ins Rennen eingestiegen, damit der Wähler eine Wahl hatte. Auf seiner Facebook-Seite verabschiedete er sich mit „Peace“.