Tuesday, February 25, 2014

John Dingell, ein politisches Urgestein aus Michigan

Vor gut zehn Jahren, Anfang Februar 2004, war ich bei einer Wahlkampfveranstaltung von John Kerry in der Detroiter Vorstadt Warren. Das war noch während der Vorwahlen, ein paar Tage nachdem Howard Dean seinen markerschütternden Schrei ausgestoßen und sich damit als demokratischer Präsidentschaftskandidat unmöglich gemacht hatte. Kerry erschien damals schon als der Frontrunner, war aber noch überraschend zugänglich. Jedenfalls konnte ich auch ohne offizielle Pressezulassung mühelos Nahaufnahmen von ihm machen. Im Hinblick auf die Einstiegs-Digitalkamera, die ich damals besaß, eine gute Sache. Die Sicherheitsmaßnahmen waren eindeutig weniger streng als bei Wahlen in der jüngeren Vergangenheit. Ich traf bei der Gelegenheit auch die damalige Gouverneurin Jennifer Granholm sowie Carl Levin, den Senior Senator von Michigan. Als ich nach der Veranstaltung die Halle wieder verließ, begegnete mir ein weiterer Politiker, dessen beinahe kahlköpfige Erscheinung mir aus der Zeitung wohlvertraut war. Das war der Kongressabgeordnete John Dingell. Er grüßte mich mit einem jovialen „Good morning, young woman!“, was mich sehr erheiterte.

Aus der Sicht eines John Dingell war die Anrede „junge Frau“ natürlich berechtigt. In dem Jahr, als ich geboren wurde, konnte der gute Mann bereits sein siebtes Dienstjubiläum feiern. Mit über 58 Amtsjahren ist Dingell, Jahrgang 1926, nicht nur das dienstälteste Mitglied des US-Repräsentantenhauses, der Demokrat hält auch noch weitere Rekorde: Niemand gehörte länger ununterbrochen dem Kongress an, niemand war länger Dean of the House und so fort.

Im Dezember 1955 hatte Dingell zunächst bei einer Sonderwahl den Sitz seines verstorbenen Vaters gewonnen, und 1956 wurde er dann für eine volle Amtszeit wieder gewählt. Weil Amerika seine Kongressabgeordneten alle zwei Jahre zur Wahl antreten lässt, wurde er somit 29 Mal im Amt bestätigt. Eine 30. Wiederwahl wird es allerdings nicht geben: Wie John Dingell gestern bekannt gab, will er sich zum Ende der Legislaturperiode in den Ruhestand zurückziehen. Mit 87 Jahren darf man da schon einmal daran denken – in zwei Jahren kann allerhand passieren. Planungssicherheit gibt‘s in dem Alter nicht mehr. „I’ve reached the age when people don’t buy green bananas,” scherzte Dingell laut Zeitungsberichten.

Allerdings ist nicht auszuschließen, dass der Sitz weiterhin in der Familie bleibt. Es heißt, dass sich John Dingells Frau Debbie als Kandidatin aufstellen lassen will – Debbie Dingell ist Jahrgang 1954. Falls sie tatsächlich für die Demokraten anträte, was sich aber erst bei den Vorwahlen entscheidet, und wenn sie dann im November gewinnen würde, wäre sie die erste Kongressabgeordnete, die dem Gatten noch zu dessen Lebzeiten im Amt nachfolgt. Falls er bis dahin noch lebt.