Tuesday, January 31, 2006

Ein Mini-Las-Vegas für Detroit

Wer hat Angst vor den Medien, die jetzt zum Super Bowl massenweise in die Stadt einfallen?
Niemand mehr, wie es scheint.

"Eure Erwartungen sind so niedrig, dass wir sie auf jeden Fall übertreffen", schrieb Kolumnist Mitch Albom gestern in der "Detroit Free Press". Und sein Kollege Rob Parker von den "Detroit News" stieß ins gleiche Horn: "Superbowl XL wird ein Riesenerfolg."

Warum?

Nun, niemand erwartet Disneyland, wenn er nach Detroit kommt. Und dass es kalt sein kann in Michigan zu dieser Jahreszeit, das hat sich bereits herumgesprochen - allerdings ist es gewöhnlich noch viel eisiger als in diesem Winter. Dafür hat Motor City eine Menge Vorzüge, zumindest für Schlachtenbummler: Die Stadt besitzt ein ausgeprägtes Nachtleben. Wenn die Lichter der Großstadt angehen, sieht man auch nicht mehr, wie heruntergekommen sie ist. Den Football-Fans dürfte das sowieso egal sein. Vor dem Spiel und nach dem Spiel wollen sie nur eines, nämlich Bier. Und das gibt's in Downtown Detroit reichlich, und zwar rund um die Uhr - die Prohibition ist lange her. Heutzutage haben drei Kasinos die ganze Nacht lang geöffnet. "It's a match made in heaven", schreibt Parker. Wenn das nicht für Detroit als Austragungsort des Super Bowls spricht! Dazu die Aussicht auf eine Spritztour ins benachbarte Ausland: Auf der anderen Seite des Flusses liegt Windsor, Kanada. Auch dort gibt's ein Kasino.

Es mag schwierig sein, in Downtown Detroit einen Arbeitsplatz zu finden - ein Platz an der Bartheke findet sich garantiert. Dass sich in den vergangenen Jahren zahlreiche Restaurants neu angesiedelt haben, hebt auch Bürgermeister Kwame Kilpatrick gern hervor. Mit seinen Kneipen und Kasinos verwandelt sich die Motor City immer mehr in eine Vergnügungsmeile - eine Art Mini-Las-Vegas für die Metro Detroiter. Zwei Sportstadien ziehen ordentlich Publikum an. Aber auch das kulturelle Angebot kann sich sehen lassen, und Vorstädter wie Touristen besuchen die Museen, gehen ins Konzert oder zu einer Show im altehrwürdigen "Fox Theatre".

Allerdings fehlen die Shopping-Möglichkeiten, ohne die kein Amerikaner seine Freizeit sinnvoll gestalten kann. Downtown gibt es nur einen Buchladen und ein paar kleinere Geschäfte. Deswegen sind auch die 10.000 freiwilligen Helfer beim Super Bowl so wichtig – sie sollen den Sportfans nicht zuletzt den Weg zu den zahlreichen Einkaufsmeilen in den Vorstädten weisen. Und zu den Hotels, denn in Detroit gibt es längst nicht genügend Übernachtungsmöglichkeiten.

Wichtig ist, dass die Besucher motorisiert sind, denn in der Autostadt gibt es praktisch kein öffentliches Transportwesen: Das ließen die Stadtoberen, auf entsprechenden Druck von der Autoindustrie, schon vor langer Zeit sterben. Eine der prominentesten Ruinen in Detroit ist der alte Zentralbahnhof an der Ambassador Bridge, die hinüber nach Kanada führt. Das „People Mover“ genannte Bähnchen, das in der Innenstadt seine Runden um ein paar Häuserblocks zieht, kann allenfalls den Weg ins Parkhaus verkürzen.

Immerhin sorgt der Bürgermeister nach Kräften dafür, dass genug Parkmöglichkeiten zur Verfügung stehen – Ford Field hat 65.000 Sitzplätze, da wird’s auch an einem ganz normalen Spieltag eng. Wenn in Detroit schon fast keine Autos mehr gebaut werden, sollen sie wenigstens parken können. Gern auch auf Abrissgrundstücken: Nicht einmal das Büro, in dem das berühmte Motown Label von 1968 bis 1972 residierte, blieb verschont – es wurde eben erst abgebrochen. Wieder ein paar Parkplätze mehr. Und die Musik spielt sowieso woanders.

Mehr über Motown und den Superbowl XL: Wie sich Detroit vorbereitet und wandelt

Monday, January 23, 2006

Gute und schlechte Zeiten bei Ford

Wie nimmt man einer schlechten Nachricht ein wenig die Schärfe? Man schickt eine gute voraus. Immerhin, so wurde heute morgen bekannt, stieg der Nettogewinn bei Ford im vierten Quartal 2005 im Vergleich zum Vorjahr um 19 Prozent. Global gesehen arbeitete das Unternehmen sogar profitabel - Europa und Südamerika sei Dank: Unterm Strich blieben 2 Milliarden Dollar vor Steuern, trotz stetig schwindendem Marktanteil in Nordamerika. Insofern geht's Ford noch gold, jedenfalls im Vergleich mit GM, wo man in den ersten drei Quartalen des Vorjahres 1,6 Milliarden Miese einfuhr.

Und dann macht es sich natürlich auch gut, wenn montagmorgens ganz geheime Pläne groß in der Zeitung stehen. "Top secret Ford plan: Recyclable vehicle" lautete die Überschrift in der "Detroit News". "Time"-Magazin-Abonnenten konnten darüber schon am Sonntagabend in einer Online-Vorschau lesen. Das blaue Oval gibt sich neuerdings einen grünen Anstrich.

Den Bandarbeiter bei Ford, der um seine Stelle bangt, wird das allerdings nur wenig trösten.

Saturday, January 21, 2006

Die Rückkehr der Pony-Cars

In Detroit gibt es seit zehn Jahren eine Veranstaltung, bei der im Wesentlichen alte Autos eine Straße rauf und runter fahren. Es stinkt nach Abgasen und verbranntem Gummi, die Schlange bewegt sich nur zentimeterweise vorwärts, und am Straßenrand stehen Tausende von Menschen mit glänzenden Augen. Außerdem ist es unerträglich heiß, denn es ist August. Um so etwas zu mögen, muss man wahrscheinlich in Motor City geboren sein.

Offiziell dauert das Spektakel ein Wochenende lang, aber auch schon an den Tagen davor scheinen nur noch Classic Cars unterwegs zu sein. Schauplatz ist die Woodward Avenue, undMustang mit Pony bei der Detroit Dream Cruise © Cornelia Schaible das Ganze nennt sich Dream Cruise - es ist eine Huldigung an die glorreiche Zeit der Muscle Cars. Die Sause zelebrieren zwar nicht nur Autofans, die damals schon flott unterwegs waren. Aber es sind doch überwiegend ältere Semester, die ein Paar Plüschwürfel vom Rückspiegel baumeln lassen und mit dem Cuda oder Camaro durch die Straßen kreuzen wie einst im Mai. Als die Tankfüllung Benzin noch eine Handvoll Dollar kostete. So richtig zum Basteln und Schrauben kommt man eben erst im Ruhestand. Und jeden Sommer überrascht es aufs Neue, wie viele liebevoll renovierte Klassiker aus den Sechzigern und Siebzigern in den Garagen von Motown stehen.

Die Detroiter lieben ihre Pony-Cars heiß und innig - allen voran den Mustang. Klar, dass die Neuauflage der Auto-Legende schnell eines der Zugpferde von Ford wurde. Nicht jeder möchte ein Museums-Stück, bei dem es schon Glückssache sein kann, den Rückwärtsgang einzulegen. Ein Muscle Car, ja bitte, aber auf dem neuesten technischen Stand. Im vergangenen Jahr stellte Dodge auf der Autoshow den Charger vor. In diesem Jahr zog GM nach und präsentierte den Camaro - eines der meistbestaunten Autos auf der Show. Und auch Ford lässt sich heuer nicht lumpen: Im Zeichen der Cobra soll bald schon die neueste Mustang-Variante vom Band rollen - der "Shelby GT 500", von der Rennsportlegende Carroll Shelby bei den Pressetagen der Show höchstpersönlich vorgestellt. Auch der Shelby-Mustang gehört ganz entschieden zu den Publikumsmagneten.

Wahrscheinlich noch mehr Besucher drängelten sich heute Nachmittag um eine andere Studie - den Dodge Challenger, der wie schon der Charger auf einem Chrysler 300 C basiert. Der Challenger ist sicher die gelungenste Neuinterpretation eines Motown-Klassikers. Ein Pony-Car für die HipHop-Generation - mit viel Bling-Bling. Und einem V8-Hemi unter der Haube. Überhaupt muss man das Wort "Hemi" nur erwähnen, dann verdrehen sogar gestandene Autojournalisten die Augen.

Im Untergeschoss von Cobo Hall, wo die Spezialitäten zu finden sind, war ein Original-Challenger ausgestellt. Frisch renoviert und poliert. "Der ist schöner als der Neue", sagte eine Besucherin.

Saturday, January 14, 2006

Wo Eminem seine Ex heiratete

Normalerweise ist Meadow Brook Hall das ganze Jahr über für Besucher geöffnet - außer an Feiertagen. Oder an einem Tag wie dem heutigen 14. Januar, an dem "Wartungsarbeiten" im Kalender stehen. Hoffentlich sind die Handwerker rechtzeitig fertig geworden damit, und die Hochzeitsgäste mussten nicht über vergessenes Werkzeug stolpern. Oder rechnete dieMeadowbrook Hall in Rochester Hills, Michigan © Cornelia Schaible Hausverwaltung damit, dass man die Bude nach der Party renovieren muss? Könnte ja sein, wenn Gangsta Rapper wie 50 Cent auf der Gästeliste stehen. Okay, just kidding. Ein Schild mit der Aufschrift: "Weil Eminem hier heiratet, haben wir heute leider zu" wäre dann doch etwas zu auffällig gewesen.

Eines muss man dem Herrn, der mit bürgerlichem Namen Marshall Mathers heißt, schon lassen: Für die Festlichkeiten hat er sich ein stilvolles Plätzchen ausgesucht. Eine Zwanziger-Jahre-Villa im Detroiter Vorort Rochester Hills. So richtig ein Ort mit Geschichte - und mit zahlreichen Geschichten, die sich darum ranken. Übrigens hat Madonna ganz in der Nähe ihre Jugend verlebt, aber wir wollen hier nicht unnötig abschweifen.

Meadow Brook Hall ist ein historisches Gebäude, so historisch, wie es in Amerika eben geht - jedes Zimmer im Stil einer anderen Epoche. Tudor Revival nennt sich das. Wie das aussieht? Ziemlich originell. Vor allem die 39 Kamine mit Backsteinverzierung sind typisch für diesen Baustil. Von weitem sieht die Villa aus wie ein englischer Landsitz, aus der Nähe betrachtet stellenweise wie ein Kloster. "American Castle" nennt sich das. So konnte auch in den Wilden Zwanzigern nur bauen, wer zu den Reichsten im Lande gehörte. Aber am nötigen Kleingeld fehlte es den Besitzern bestimmt nicht: Meadow Brook war die Residenz von Matilda Dodge Wilson, Witwe des Autopioniers John Dodge, und ihrem zweiten Mann Alfred Wilson, der sein Vermögen mit Holz gemacht hatte.

Die Wilsons verwirklichten sich damit ihren Traum vom Leben auf dem Lande - nach europäischem Vorbild. Bei zwei Reisen durch England hatten sie sich dazu inspirieren lassen. 1929 war der Landsitz - rund 25 Meilen von Detroit entfernt - endlich fertig; die Gesamtkosten beliefen sich auf 4 Millionen Dollar. Die house warming party war im November, drei Wochen nach dem Börsenkrach, der die Große Depression auslöste. In den Jahren der Depression war Meadow Brook Hall vorübergehend unbewohnt - ein Haus mit 110 Zimmern zu verhalten, das erschien den Wilsons in jenen schwierigen Zeiten dann doch nicht ganz statthaft.

Rauschende Feste wurden später wieder gefeiert. Auch eine Hochzeit: Matildas Tochter Frances Dodge heiratete im Elternhaus, einen besseren Platz gab es nicht. Ein Jahr später, zu Ehren von Frances' 25. Geburtstag, trat Frank Sinatra zur Unterhaltung auf. Auch nach dem Tod ihres Mannes lebte Matilda Dodge Wilson noch in Meadow Brook Hall; sie starb 1967. Zehn Jahre zuvor hatte sie mit einer großzügigen Spende den Grundstock für die Oakland University gelegt.

Heute gehört das altehrwürdig wirkende Bauwerk zur Oakland University - es verleiht der jungen Universität einen Hauch von Ivy League. Und man kann dort heiraten, wie der Rapper, der sich nach einem Schokoladenbonbon nennt. Immerhin ist das Eminems zweite Ehe mit der gleichen Frau: Zum ersten Mal trauten sich Marshall Mathers und Kimberly geborene Scott im Jahr 1999, geschieden wurden sie 2001. Für einen Neustart ist Meadow Brook Hall sicher ein passender Ort. Das alte Gemäuer strahlt etwas Grundsolides aus. Ganz anders als die Wegwerfhäuser in den nahen Suburbs.

Friday, January 13, 2006

Gasoline Sucks. Really

Noch vor gar nicht langer Zeit hieß es, Kraftstoff aus Mineralöl sei so schnell durch nichts zu ersetzen.

Wirklich?

Auf einmal stellt sich nun heraus, dass ein Auto notfalls alles mögliche schluckt und Benzin - von den Emissionen einmal ganz abgesehen - sowieso ein Treibstoff von eher bescheidener Güte ist. Kein Wunder, dass die Autobauer selbst nach Alternativen suchen. Am ersten Pressetag der Detroiter Autoshow kam jedenfalls die Meldung, dass Volkswagen gemeinsam mit dem Ölmulti Shell und der kanadischen Biotech-Firma Iogen in Deutschland eine Produktionsanlage für Biosprit plant.

Das darf man getrost als kleine Sensation werten – VW wäre damit weltweit der erste Autobauer, der selbst in die Produktion von Biosprit einsteigt. Als Basis für den alternativen Treibstoff dient Zellulose, die aus der Land- oder Forstwirtschaft stammt - ein Abfallprodukt. Steigt der Bedarf, empfiehlt sich der Anbau von Mais oder anderen schnellwüchsigen Pflanzen zur Kraftstoffgewinnung. Das ist realistisch, in Deutschland liegen genug Flächen brach.

„Das ist das VW-Konzept für nachhaltige Mobilität“, sagt Frank Seyfried, Projektleiter für alternative Kraftstoffe beim Wolfsburger Konzern. Bis der Biosprit Marktreife erlangt, könne man zunächst einmal Treibstoff aus Erdgas gewinnen, um die Abhängigkeit vom Erdöl zu verringern. In jedem Fall gilt: „Die synthetischen Kraftstoffe haben Premiumqualität“, so Seyfried.

Sieh mal einer an.

Der Wolfsburger Konzern unterstützt außerdem die Forschung des sächsischen Biokraftstoff-Unternehmens Choren; als weiterer Kooperationspartner firmiert DaimlerChrysler. Der so genannte SunDiesel, den Choren bereits binnen Jahresfrist in einer von Shell geplanten Pilotanlage produzieren und auf den Markt bringen will, wurde von VW und DaimlerChrysler bereits erfolgreich getestet – und zwar in herkömmlichen Dieselmotoren.

„SunDiesel kann ohne Anpassung der Infrastruktur und der Antriebssysteme verwendet werden“, wirbt Choren.

Ach so.

Tuesday, January 10, 2006

Kraftstoff vom Acker

Über den Hybrid diskutiert man nicht - man hat ihn. Im vergangenen Jahr waren die mit einem Hybridmotor ausgestatteten Fahrzeuge auf der Detroit Motor Show noch die Sensation, und allenthalben war die Rede von einem "Hybrid-Hype"; heuer sind die Autos mit der Kraft der zwei Herzen schon Standard. Selbst GM hat das mitbekommen: Der - vorläufig immer noch - weltgrößte Autohersteller aus Detroit bringt im Laufe des Jahres den Saturn Vue Green Line heraus, ein SUV, dem eine Nickelmetallhydrid-Batterie der amerikanischen Firma Cobasys den modisch grünen Anstrich verleiht. Offenbar hat es sich in den USA ansatzweise nun doch herumgesprochen, dass der sparsame Umgang mit den Ressourcen im Moment die beste neue Energiequelle ist.

Aber die Entwicklung sollte gleichzeitig weitergehen, und deswegen hat Bill Ford Jr. bei der Pressekonferenz auf der Show bestimmt 25 Mal das Wort "Innovation" benutzt - auf diese Weise will der CEO das Ruder bei Ford noch einmal herumreißen. "2006 ist das Jahr, in dem wir denBill Ford bei der Pressekonferenz auf der Detroit Autoshow 2006 © Cornelia Schaible Rückgang unseres Marktanteils in den Vereinigten Staaten stoppen müssen", sagte der Urenkel von Henry Ford. Wie er das anstellen will? Unter anderem, indem der Autokonzern auf Ethanol als Kraftstoff setzt: "Das vermindert unsere Abhängigkeit von importiertem Öl und hilft unseren Farmern." Das sind nun ganz neue Töne aus Motor City. In der Tat soll der Rohstoff landwirtschaftlich erzeugt werden, ist also Kraftstoff vom Acker. Bei nur minimalen Modifikationen vertragen offenbar die meisten Benzinmotoren den Kraftstoff E85, der auf Ethanol basiert. Kein Wunder, denn Schluckspechte sind die meisten Autos hier zu Lande sowieso. Und Promillegrenzen gelten nur für Fahrer.

Die ganze Schönheit dieser Idee wurde deutlich, als Ford ein Concept-Car vorstellte, das für die neue Vielfalt an der Zapfsäule plädiert - den gigantischen Super Chief, einen Truck mit Tri-Flex-Motor, der wahlweise mit Benzin, Ethanol oder Wasserstoff fährt.

In Amerika sind die Autos tatsächlich so groß, dass sie nicht bloß mit einer Kraftstoffsorte auskommen.

Richtig fett oder ganz vernünftig

Der Honda-Konzernchef ist die perfekte Verkörperung eines japanischen Salaryman und folglich kein Typ, der allzu sehr aus sich raus geht. Trotzdem konnte Takeo Fukui seine Freude darüber nicht ganz verhehlen, dass Honda am Sonntag auf der Detroit Motor Show gleich doppelt ausgezeichnet wurde: Der Civic wurde "North American car of the year", und der Ridgeline Pickup erhielt die begehrte Trophäe in der Truck-Sparte.

Der Ridgeline ist nun gewiss der Pickup, auf den die Welt gewartet hat: Zu seinen hervorstechendsten Merkmalen gehört ein Eiswürfelbehälter unter der Ladefläche - mitsamt Abfluss und Stöpsel. Na ja, man könnte auch etwas anderes darin unterbringen, denn der Kasten ist abschließbar. Außerdem packt der Truck eine halbe Tonne Ladung - ein paar Bierfässchen könnten auch noch mit. Insofern empfiehlt sich der Ridgeline vor allem für die stilvolle Tailgate-Party auf dem Parkplatz eines Footballstadions. Wozu so eine Kiste 255 PS braucht, ist allerdings nicht ganz klar.

Da kommt der Civic schon etwas seriöser daher, aber der ist auch schon in der achten Modell-Generation. In einer Hybrid-Variante soll's ihn ebenfalls geben. Insofern bietet Honda etwas für jeden Geschmack: einen richtig fetten amerikanischen Truck - und ein kompaktes Auto für alle, die es etwas vernünftiger mögen. Eine Strategie, die auch andere Autobauer fahren.

Monday, January 9, 2006

The New Big Six

Der Anteil der drei großen US-Autobauer am Heimatmarkt schrumpft weiter - 2005 betrug er noch knapp 57 Prozent. Aber in Detroit müssen deswegen nicht alle Trübsal blasen. Während die Verkaufszahlen von Ford und GM im Jahr 2005 weiter eingebrochen sind, konnte die Chrysler Gruppe um glatte 5 Prozent zulegen. Die bei der Auto-Show allenthalben spürbare Euphorie im Hause Chrysler ist somit nicht ganz unbegründet: Nach eigenen Angaben - es sind leicht unterschiedliche Zahlen im Umlauf - lieferte das Unternehmen voriges Jahr 2,305 Millionen Fahrzeuge aus. Den US-Marktanteil konnte Chrysler damit leicht erhöhen; er liegt jetzt bei 13,6 Prozent. Damit schneidet sich die US-Tochter von DaimlerChrysler inzwischen ein ähnlich großes Stück aus dem Kuchen wie Ford: Der Autobauer aus Dearborn ist um 4,7 Prozent auf 17,4 Prozent Marktanteil abgerutscht.

Und wer knabbert da? Klar, die üblichen Verdächtigen. Der Marktanteil von Toyota liegt in den USA neuerdings bei 13,3 Prozent (plus 9,7 Prozent), der von Honda bei 8,6 Prozent, und Nissan bringt es immerhin noch auf 6,3 Prozent. Dabei sind die Japaner längst über das Stadium hinaus, in dem sie importierte Autoteile in den USA zusammenschrauben und den Amerikanern Arbeitsplätze klauen: Die Asiaten lassen zunehmend im Lande bauen - bei Importen ist das Risiko für Währungsschwankungen viel zu hoch, und die Unternehmen sind zu weit weg vom Markt, für den sie produzieren. Die Marktforscher in der Automotive Industry sprechen bereits von "new domestic brands" beziehungsweise "international domestic brands".

Wer hat Angst vor den Japanern? Allein Toyota habe in den USA in den vergangenen Jahren rund 30.000 Arbeitsplätze geschaffen, sagt Kim Hill vom Center for Automotive Research in Ann Arbor, Michigan. So lasst sie denn Fabriken bauen, auch in Michigan. Oder die ausgemusterten von GM übernehmen.

Das bedeutet dann allerdings das Ende der Big Three: Längst sind daraus The New Big Six geworden.

Comeback des Kombi

Noch vor einem Jahr konnten sie nicht groß genug sein. Die Trucks, wie die großen Geländewagen hier zu Lande genannt werden, waren bis vor kurzem das Lieblingsspielzeug der Vorstadt-Amerikaner - auf autobahnbreiten Garagenzufahrten wurden sie vor den McMansions der Suburbs wirkungsvoll zur Schau gestellt. Mindestens zwei dieser unförmigen Spritfresser hatten dort pro Familie zu parken, sonst war man nicht Mittelklasse. Und jetzt: aus, vorbei. Die Dinosaurier der Automobilindustrie stehen plötzlich auf der Roten Listen der aussterbenden Arten - das ist jedenfalls mein Eindruck kurz vor der Detroit Auto Show, die morgen für die Medien die Tore öffnet.

SUVs sind out - alle reden jetzt von CUVs. Ein CUV ist ein Crossover Utility Vehicle. Kleiner als ein Geländewagen, praktischer und eleganter, oft auf einem Pkw-Fahrgestell, aber mit allen Fahreigenschaften eines SUV. Und einem großen Kofferraum. Das ist nicht ganz neu: Früher nannte man so etwas einen Kombi, auf Englisch station waggon. Aber Crossover hört sich einfach schicker an.

Ach ja: Ganz stinknormale Autos sind anscheinend auch wieder im Kommen.

Sunday, January 8, 2006

Desperate For This

Die Autoshow-Pressekonferenzen von Chrysler waren in den vergangenen Jahren immer für Überraschungen gut - dafür sorgte Dieter Zetsche in Person. Mal spielte der frühere Chrysler-Chef E-Gitarre, umgab sich mit kessen Bunnys oder trat im Cowboyhut vors Publikum. Bei der Detroit Motorshow zapfte Zetsche abends noch Bier - in der zur Kneipe umfunktionierten alten Feuerwache gleich gegenüber von Cobo Hall, wo die DaimlerChrysler-Leute bis in die Nacht hinein Hof halten und der Medientross den Messestress hinunterspült. Klar, dass in Motor City niemand begeistert war, als der Mann mit dem Walross-Schnauzbart nach Stuttgart wechselte, um Konzernchef von DCX zu werden. Und es gab schon Befürchtungen, sein Nachfolger Tom LaSorda könnte die Sache bei Chrysler ein wenig dröger angehen...

Nun, zumindest heute auf der Show konnte von Langeweile keine Rede sein. Kaum stand LaSorda vor den Presseleuten auf der Bühne, rollte der braune Päckchenservice ein überdimensioniertes Paket herein. Aus dem zog LaSorda nicht nur die oben erwähnte Gitarre, sondern den großen Boss gleich hintendrein. "It's good to be back in Detroit", freute sich Zetsche.Eva Longoria und Chrysler-Chef Tom LaSorda bei der Detroit Autoshow 2006 © Cornelia Schaible Das war nicht die einzige Überraschung: Plötzlich hüpfte die Schauspielerin Eva Longoria über die Bühne, keiner wusste warum, aber es war lustig. Die Gute verschwand zwar zunächst wieder, durfte am Ende aber noch mit LaSorda vor dem Imperial posieren. Der luxuriöse Chrysler Imperial, vorerst ein Concept Car, führt die Idee des 300 C fort - mit einer doppelten Portion Bling-bling. Man könnte auch sagen, er sieht aus wie ein Volks-Rolls-Royce. Die verzweifelte Hausfrau Longoria gab jedenfalls angesichts des edlen Gefährts mit Nachdruck kund: "I am desperate for this!"

Noch mehr Beifall als Longoria bekam allerdings der Dodge Challenger, ein weiteres Concept Car, mit dem Chrysler ein Muscle Car der Siebziger neu auflegt - und zwar absolut zeitgemäß umgesetzt. In leuchtendem Orange. Ein Pony-Car mit 425 Pferdchen unter der Haube. Und - yeah - das Baby hat 'nen Hemi! Man freut sich schon auf den Tag, an dem der Challenger das Straßenbild auflockert. Vielleicht kriegt ihn ja die Polizei von Auburn Hills wieder zum Testfahren. Derzeit macht der Freund und Helfer die City rund ums DCX-Headquarter mit einem Dodge Magnum und einem Charger unsicher - oder vielmehr: sicher.

Friday, January 6, 2006

Zartes Grün

Umweltbewusstes Verhalten galt in den USA bislang als Privatvergnügen einiger Öko-Spinner an der Westküste. Seit ein Barrel Öl über 60 Dollar notiert und die Tankfüllung für den Familientruck auf einmal richtig Geld kostet, ist mit dieser Einstellung kein Staat mehr zu machen. Und das ist jetzt buchstäblich gemeint. Was den Amerikanern neuerdings Gelegenheit gibt, ihren Wortschatz ein wenig zu erweitern. Okay, "Energiesparen" ist noch nicht wirklich ein Modewort, aber einige Kolumnisten haben es schon in ihrem Vokabular.

"Es reicht jetzt mit diesem Bush-Cheney-Unsinn, dass Energiesparen, bessere Energieausnutzung und Umweltschutz irgendwelche Hobbys sind, die wir uns nicht leisten können", schreibt Thomas Friedman heute in der "New York Times". Richtige Patrioten, die sich zu Anwälten für die Verbreitung der Demokratie auf der Welt machten, seien Grüne - nur wenn sich Amerika unabhängig vom Erdöl mache, ließen sich korrupte Öl-Regimes austrocknen.

"Grün", sagt Friedmann, "ist das neue Rot, Weiß und Blau."

Thursday, January 5, 2006

Grenzgänger

Für einen besseren Überblick genügt es manchmal, die Seite zu wechseln. Die Fluss-Seite, um genau zu sein. Also nichts wie hinüber ans kanadische Ufer des Detroit River - nach Windsor, Ontario. Wer über die Ambassador Bridge von den USA nach Kanada fährt, reist übrigens in südlicher Richtung aus. Das gibt's nur einmal, nur hier in Detroit.

Man kann übrigens auch den Tunnel unterm Fluss durch benutzen. Kostet 3,50 Dollar. Das lohnt sich, denn ziemlich genau am anderen Ende liegt die Riverfront von Windsor. Und von dort aus scheinen die Wolkenkratzer von Downtown Detroit zum Greifen nahe. Watching America: Wenn ich Motor City ins richtige Licht rücken will, muss ich den Reisepass in die Kameratasche packen.

Mag Motown auch einen Rattenschwanz von sozialen und ökonomischen Problem hinter sich her ziehen - die Stadt hat immerhin eine bildschöne Skyline. Wenn man Detroit einmal von der anderen Seite gesehen hat, billigt man der Stadt gewiss mildernde Umstände zu. Wer über die Brücke wieder nach Downtown zurückfährt, betrachtet den Zerfall fortan gelassener - und freut sich über die Fortschritte, welche sich allenthalben abzeichnen. Detroit rises.

"Was haben Sie in Kanada gemacht?" fragt der Grenzbeamte. Na ja, mal rübergeguckt.

Ach so, Eintritt muss man auch zahlen. Immerhin ist die Einreise in die USA günstiger als die Ausreise: Nur 2,75 Dollar. Welcome back.