Monday, November 26, 2007

Feiertag aller Amerikaner

"Thanksgiving. Das ist der heilige Feiertag, den alle Amerikaner feiern: Dieser Tag und Weihnachten sind die einzigen Tage, an denen praktisch alle Geschäfte in den USA zu sind, was ziemlich unfassbar ist im Vergleich zu den Öffnungszeiten in Deutschland."

BARBARA BAUER, Schülerin an der International Academy Bloomfield Hills, in einem Erlebnisaufsatz über ihr Thanksgiving-Wochenende.

Saturday, November 10, 2007

Der Untergang der Edmund Fitzgerald

Schiffsfriedhöfe?

Wenn ich bei Heimatbesuchen erzähle, dass auf dem Grund der Großen Seen unzählige Schiffswracks liegen, mag mir das keiner so recht abnehmen. "Warum gehen da Schiffe unter?", fragte mein Bruder ungläubig. Das war allerdings vor seinem ersten Besuch in Michigan. Inzwischen hat er schon selbst einmal im Michigansee geplanscht und weiß, dass dieses Binnengewässer ungefähr so aussieht wie ein Meer. An schönen Tagen. An stürmischen Herbsttagen hingegen erinnern Lake Michigan, Lake Huron und Lake Superior noch mehr an Ozeane. Und wie gefährlich die Schifffahrt auf diesen Seen sein kann, zeigt schon die große Anzahl der Leuchttürme an ihren Ufern. Im Jahr 1913 zerstörte ein einziger Novembersturm 19 Schiffe auf den Großen Seen, ungefähr ebenso viele strandeten.

In der Thunder Bay, nicht weit von Alpena, sollen allein 200 Schiffswracks auf dem Grund des Lake Huron liegen - das Thunder Bay National Marine Sanctuary zieht Taucher und Unterwasser-Archäologen gleichermaßen an. Als noch tückischer für die Schifffahrt gilt der Lake Superior: Selten hat mich in Michigan etwas so beeindruckt wie das Great Lakes Shipwreck Museum auf der Upper Peninsula, am Whitefish Point.

Von Whitefish Point aus sieht man oft Frachter, die meist Kohle oder Eisenerz transportieren. Beinahe in Sichtweite dieser Landzunge, die weit in den Lake Superior hineinragt, ging am 10. November 1975 die Edmund Fitzgerald unter. Die gesamte Besatzung, 29 Mann, verlor an jenem stürmischen Novembertag vor 32 Jahren ihr Leben. Diese letzte große Schiffskatastrophe auf den Großen Seen ist im Museum eindrücklich dokumentiert; dort ist auch die erst im Jahr 1994 geborgene Schiffsglocke ausgestellt.

Hier gibt's ein Video über den Untergang der Edmund Fitzgerald, unterlegt mit der Ballade des kanadischen Liedermachers Gordon Lightfoot:

The Wreck of the Edmund Fitzgerald edited by Joseph Fulton

Nachtrag vom 11. Juni 2008:
Mehr zum Thema steht jetzt auf suite101: Das Wrack der Edmund Fitzgerald

Tuesday, November 6, 2007

Klassen-Gesellschaft

Ein Mann, der Herrn K. lange nicht gesehen hatte, begrüßte ihn mit den Worten: "Sie haben sich gar nicht verändert." "Oh!" sagte Herr K. und erbleichte.
Bertolt Brecht

Eine Freundin von mir hat demnächst Klassentreffen. Das scheint sie sehr zu beschäftigen; sie hat schon mehrmals davon angefangen. Offenbar ist zu diesem Anlass auch ein Jubiläums-Jahrbuch geplant, und jede/r Teilnehmer/in darf dafür zwei Bilder von sich beisteuern: eins von damals und ein aktuelles. Ich habe sie zwar erst kürzlich fotografiert, aber mit dem Resultat ist sie wohl nicht einverstanden. Nun hat sie mich gebeten, ein Porträt herauszusuchen, auf dem sie noch ein paar Lenze jünger ist und im Gesicht deutlich schmaler. Dieses Bild zeigt wohl die Person, die sie gerne zum Treffen schicken würde.

Was für ein Stress. So eine High School Reunion hier zu Lande, das ist schlimmer als jedes Examen. Man muss nämlich beweisen, dass man auch im Leben bestanden hat: "It's time to celebrate life's successes and renew old acquaintances", steht auf eHow.com, unter der Rubrik: How to Organize a High-School Class Reunion. Aber das ist noch nicht alles: "It's also time to start losing the pounds, covering the gray and planning a reunion to remember."

Das Klassentreffen als Schaulaufen. Wer hat das größte Haus und das dickste Bankkonto? Ein paar niedliche Kinder sind auch gut für die persönliche Bilanz. Wenn man alles verzockt hat im Leben, sollte man wenigstens so rank und schlank und blondgelockt sein wie damals. Sonst geht man am besten gar nicht erst hin.

Das Klassentreffen, an dem ich vor ein paar Jahren teilnahm, war wahrscheinlich die Ausnahme: Wir trafen uns in einer Gartenwirtschaft außerhalb von Tübingen, genossen den Ausblick in die sommerliche Landschaft und erzählten uns, wohin uns das Leben verschlagen hatte. Ich fand einige ehemalige Mitschüler netter als damals. Wir waren alle eindeutig älter geworden, aber nicht in dem Maße, dass es das Wiedererkennen erschwert hätte. Das liegt wahrscheinlich daran, dass eine Abitursklasse eine relativ homogene Gruppe ist. Bei Jahrgangstreffen - die ich persönlich immer vermieden habe - sieht das schon anders aus: Da wirken einige Jahrgänger wie die Eltern der anderen, und ein paar sind augenscheinlich mit ihren Kindern unterwegs.

Aber es hilft in jedem Fall, wenn man sich selbst eingesteht, dass das Leben nicht spurlos an einem vorübergegangen ist. Nachdem meine Freundin das gewünschte Porträt erhalten hatte, schrieb sie zurück: "Boy, bin ich alt geworden!"

Mehr zum Thema: Das kleine Einmaleins des Klassentreffens