Friday, March 27, 2009

Gans 3PM2

Vor drei Wochen stand frühmorgens eine Gans auf dem Teich. Ich meine: Sie stand in einer Pfütze auf dem Eis und schaute so indigniert drein, wie eben nur eine Gans dreinschauen kann. Nun, es wurde ein schöner sonniger Tag, der erste dieser Art, und als ich mittags von der Uni zurückkam,Gans 3PM2 © Franz Gingl war das Eis bereits Geschichte. Am Ufer des Tümpels hatten sich inzwischen mindestens zwei Dutzend Gänse mehr eingefunden, und sie zupften gelbliches Gras. Ein paar paddelten auch im Wasser. Woher wussten sie, dass der Tag dafür gekommen war?

Aber nicht alle Gänse waren schon zurück. Am vergangenen Sonntag sah ich sie dann endlich: Die Gans mit dem Halsband. In Wirklichkeit hatte sie einmal einen Sender um die Gänsegurgel, aber davon ist inzwischen nur noch die leere Hülle übrig. Aber sie trägt diesen ungewöhnlichen Halsschmuck mit Stolz und Würde. Und das schon ziemlich lange: Im Jahr 2000 starteten das Michigan Department of Natural Resources (MDNR) und die Michigan State University (MSU) ein dreijähriges Forschungsprogramm zum Migrationsverhalten der Kanadagans; der Sender wurde brütenden Weibchen umgehängt. Einige hatten tatsächlich eine Weile gesendet, und die Forscher bekamen mit, wohin die (nicht erfolgreich brütenden) Gänse im Sommer flogen – einige zog es offenbar bis an die Hudson Bay.

Gans 3PM2 blieb im Lande und vermehrte sich. Mein Mann fotografierte sie zum ersten Mal im Jahr 2004 auf der Wiese hinter dem Haus, mit Gänserich und vier Küken. Seither war sie jedes Jahr wiedergekommen, um dann im Frühsommer ihre frisch geschlüpften Küken auszuführen. Weiß der Kuckuck, wo sie die ausgebrütet hatte. Im vergangenen Jahr waren es sogar neun, aber schon nach ein paar Tagen war die Brut ziemlich dezimiert. Da schleicht nachts so manches ums Haus, was Appetit auf einen leckeren Gänsebraten hat.

In diesem Jahr kam die Gans allerdings alleine. Und sie wirkte auch schon ein bisschen alt und schwerfällig. Ob sie wohl noch einmal mit Gänschen im Schlepptau auftaucht?

Tuesday, March 17, 2009

Barack O'Bama

Am Samstag färbten sie den Chicago River grün. Das geschah in der Vorfreude auf den heutigen St. Patrick’s Day – so feiert man in der „Windy City“ seit über 40 Jahren den irischen Nationalfeiertag. Und plötzlich sind dort alle irisch.

Der Wahl-Chicagoer Barack Obama hielt sich auch im Weißen Haus an diese schöne Tradition: Er trug eine grüne Krawatte. Gattin Michelle wollte ebenfalls brauchtumsmäßig nicht zurückstehen und sorgte dafür, dass das Wasser der White House Fountain heute grün sprudelte. Außerdem gab das Weiße Haus ein Essen zu Ehren des irischen Ministerpräsidenten Brian Cowen, der zu Besuch war. Wahrscheinlich hatte er diesen Reisetermin aus gutem Grund gewählt: Am St. Paddy’s Day ist in den USA nämlich entschieden mehr los als auf der grünen Insel. Die Iren feiern diesen Tag eher still zu Hause.

Nun mag man es ihm nicht unbedingt ansehen, aber der US-Präsident hat tatsächlich irische Wurzeln: Sein Urururgroßvater mütterlicherseits stammte aus dem kleinen Dorf Moneygall; er war in den 1850er-Jahren in die USA ausgewandert.

Jetzt warten sie in Moneygall nur noch darauf, dass Barack O’Bama endlich einmal vorbeikommt.

Saturday, March 7, 2009

Chicago in Zeiten der Rezession

Und wo, bitte, geht’s hier zur Rezession?

Einer Großstadt wie Chicago sieht man es auf den ersten Blick nicht an, dass es der Wirtschaft schon einmal besser ging. Die City wirkt geschäftig wie eh und je. Der Trump-Tower ist zwar immer noch nicht fertig, und die Pläne für den wahnwitzigen Chicago Spire liegen wohl ganz auf Eis. Aber sonst fielen uns am vergangenen Wochenende einige neue Wolkenkratzer in der Skyline der „Windy City“ auf, die bei unserem letzten Besuch garantiert noch nicht da waren. Ist auch schon eine Weile her.

Bei Neiman Marcus in der Magnificent Mile war es dann aber wirklich sehr ruhig. Und die Verkäufer, deren Gesichtsausdruck am besten mit „tapfer“ zu beschreiben wäre, standen sich die Beine in den Bauch. Ein Ständer mit Pelzmänteln, an dem ich achtlos vorbeigegangen war, weckte die Aufmerksamkeit meines Mannes. „Das musst du dir wirklich einmal ansehen“, rief er, und ich ging wieder zurück. Er deutete auf ein Preisschild: Der Pelz war von – schluck – 66.000 Dollar auf 33.000 Dollar heruntergesetzt. So gesehen, ein richtiges Schnäppchen!

Abends warteten wir dann über eine halbe Stunde auf einen Platz im Restaurant von Mike Ditka, dem früheren Football-Spieler. Für 40-Dollar-Steak-Cuts, so schien es, hatten die Chicagoer noch genug Geld. Wir aßen Fisch. Den können sie dort auch ganz gut.

Am nächsten Morgen packten wir unsere Sachen, und dann klopfte auch schon das Zimmermädchen. „One Moment, please!“ Ach so, Trinkgeld. Dann war das ebenfalls erledigt, und wir warteten auf den Aufzug. Wir befanden uns im 21. Stock des Traditionshotels „Allerton“, und wussten bereits: Das konnte dauern. Wahrscheinlich ist der Fahrstuhl auch historisch. In unserem Zimmer wurde derweil bereits aufgeräumt. Plötzlich kam die Housekeeping Lady zur Tür herausgeschossen: „Thank you! Thank you!“ Es war eine kleine, schon etwas ältere Frau mit dunklen Haaren und spanischem Akzent. Sie verharrte einen Moment unschlüssig im Flur, und bevor sie wieder zurück an die Arbeit ging, rief sie uns noch zu: „God bless you!

Offenbar hatten die 10 Dollar Trinkgeld ihren Sonntag gerettet.