Sunday, March 30, 2008

Unterm Messer

"A brain surgeons's wife doesn't become a brain surgeon by watching her husband operate, even if she was the nurse handing him the scalpel. [Hillary] Clinton may have more knowledge than Barack Obama because she has been in the operating room, but I'm not certain I'd want her handling the scalpel."

LESERBRIEF von David Wilson aus Carson, California, im jüngsten "Time Magazine".

Sunday, March 23, 2008

Spitze Flosse

Bei unserem Osterspaziergang am Ozean schaue ich den braunen Pelikanen beim Jagen zu: Sie stürzen senkrecht aus dem blauen Himmel ins Wasser, den langen Schnabel voran, und schon ist die Beute eingesackt. Sieht ziemlich einfach aus. Im Gegensatz zu den Regenpfeifern, die den ganzen Tag am Strand entlangflitzen und hin und wieder in den Sand picken, müssen Pelikane nur wenig Zeit zur Nahrungsbeschaffung aufwenden. So haben sie genug Muße, stundenlang aufBrauner Pelikan (Pelecanus occidentalis) © Cornelia Schaible einem Pier zu sitzen und den Anglern zuzusehen. Oder für die Fotografen zu posieren.

Plötzlich bemerke ich weiter draußen im Wasser noch etwas anderes: eine dunkle, spitze Rückenflosse. Nein, nicht eine – viele. Dann springt etwas ziemlich Stromlinienförmiges über die Wellen. Und gleich noch einmal. Schwupps! Ein munteres Völkchen tummelt sich da. Aber was genau?

Wir fragen einen Angler, der gemeinsam mit Sohn und Enkel darauf wartet, dass endlich etwas anbeißt. Offenbar konzentriert er sich dabei auf kleinere Fische – er hat jedenfalls nichts gesehen. Sein Enkel läuft Slalom um die Angelruten, die im Sand stecken. Was da draußen schwimmen könnte? „Delfine. Oder Haie“, sagt der Alte mit dem wettergegerbten Gesicht. „Kürzlich lagen zwei Haie hier am Strand.“

Haie?

Weiter vorne am Beach planschen fröhlich Kinder im Wasser. Andererseits: Warum sollte es hier am Golf von Mexiko keine Haie geben? „Yes, they are in the water“, steht in meinem Reiseführer. „At any given time there are a dozen or more just offshore, but for the most part they will leave you alone. To avoid being bitten, stay out of the water if there is a strong scent of fish oil in the air, which means that fish are already being eaten and you may be bitten by mistake.” Oder vielleicht haben sie auch Lust auf ein Dessert?

Nach gründlicher Konsultation meines “Field Guide to Florida” beschließe ich allerdings, dass wir Delfine gesehen haben. Sie tummeln sich offenbar gerne im flachen Wasser, und dass sie so mir nichts dir nichts über die Wellen springen, ist bekannt. Haie sehen anders aus, silbern mit seitlichem Kühlergrill. Ihre Rückenflosse ist zudem dreieckig, nicht sichelförmig.

Falls es einmal auffällig nach Fischöl riechen sollte, bin ich jedenfalls gewarnt.

Thursday, March 20, 2008

Zum Auftauen nach Florida

Wie erkennt man einen Florida-Reisenden am Flughafen?

Ganz einfach: Er trägt kurze Hosen und ein Hawaii-Hemd. Bei Außentemperaturen unter dem Gefrierpunkt, versteht sich. In den Detroiter Vororten liegen noch Schneereste – wir haben schließlich Frühlingsanfang, nicht Sommer. Ferien sind ziemlich kurz in den USA, und für das richtige Urlaubsfeeling vom Start weg riskiert der Amerikaner schon einmal Frostbeulen. Die werden schon wieder auftauen.

Auch im Flieger war es kalt, und so behielt ich meinen Wollschal fest umgewickelt, bis sich unten bereits frühlingshaft ergrünende Landschaften zeigten. In Orlando war es dann tatsächlich schwül warm – was allerdings nicht anhielt. Ich fand es von Neuem beeindruckend, unmittelbar nach Verlassen des Flughafens üppig wuchernde Gewächse zu sehen, die in Deutschland üblicherweise als Zimmerpflanzen gehalten werden.

Meine Shorts zog ich dann erst in Daytona Beach an. Ich steckte auch eine Zehe ins Wasser, aber der Atlantik war doch ein bisschen frisch. Außerdem wehte eine steife Brise. Da es in Amerika keine Strandkörbe gibt, setzten wir uns wieder ins Auto und fuhren am Strand entlang. Wie man das in Daytona eben so macht.

Saturday, March 15, 2008

Alle Vögel sind schon da

Es taut. Endlich! Noch am Montag standen zwei Gänse auf dem zugefrorenen Teich und guckten ziemlich dumm. Die biologische Uhr tickt: Nest bauen, Eier legen. Im Schnee?

Nun, es ist zu früh, um den „Osterspaziergang“ zu deklamieren. Morgen ist auch erst Palmsonntag. Und auf allen Parkplätzen sitzen immer noch riesige graue Schneehaufen, die nur langsam abschmelzen. Aber viele Vögel sind wieder da. Und auch alle, die hier tapfer überwintert haben, singen wieder.

Neulich rief mich mein Mann aus dem Büro an. „Kannst du das hören?“, fragte er. Im Baum vor seinem Fenster saß ein Kardinal, der jauchzte und frohlockte. Nun ist es so, dass Michigans Vogelwelt zwar recht farbenfreudig ist und mit rotem, gelbem oder leuchtend blauem Gefieder glänzt. Aber was das Singen angeht: Sie können’s einfach nicht. Lauter Ein- und Zweitöner. Der amerikanische Robin, die Wanderdrossel, ist zwar mit der Amsel verwandt, hat aber ein sehr viel schlichteres Liedgut.

Ausgerechnet der leuchtend rote Kardinal, der Schönste unter den Schönen, hat auch den interessantesten Gesang. Keine Nachtigall, aber immerhin. Wir würden gerne Kardinäle auf unsere Terrasse locken und haben deshalb Vogelfutter aufgehängt. Auf der Packung war jedenfalls ein Kardinal abgebildet. „Vielleicht hätten wir das Bild mit aufhängen sollen“, sagte mein Mann, „damit der Kardinal auch weiß, dass er gemeint ist.“

Bisher kamen aber nur Spatzen. Und ein Streifenhörnchen. Wir sahen das sofort, weil im Schnee auf der Terrasse plötzliche ganz viele Spuren von winzigen Pfötchen waren. Das Chipmunk hatte alle Körnchen aufgesammelt, die beim Aufhängen aus dem Vogelfutterkuchen gefallen waren. Aber es hatte immer noch Hunger: Das Streifenhörnchen saß nämlich im kahlen Busch und schaute sehnsüchtig zum Vogelfutter hinauf, in der irrwitzigen Hoffnung, den leckeren Körnern auf diese Weise näher zu kommen.

Was haben wir in der Speisekammer, was man einem Streifenhörnchen anbieten könnte? Wir entschieden uns für Risotto-Reis. Das dargebotene Häufchen war am nächsten Morgen fast verschwunden. Und irgendwo lag ein Streifenhörnchen in seiner Höhle und verdaute.

Den Rest erledigten die Spatzen. Ein Kardinal kam bisher leider nicht vorbei.

Monday, March 10, 2008

Deutsche Küchenkultur aus der Tüte

Weißes Pulver in Tütchen. Kleine Päckchen mit E-Nummern auf dem Etikett. Bei der zweiten Networking Fair am Sonntagnachmittag in der Carpathia-Halle ging ganz heiße Ware über den Ladentisch: Deutsche sind offenbar abhängig von Nahrungsmitteln, die in Pulverform angeboten werden.

Alle Läden und Supermärkte in Metro Detroit, die um deutsche Kundschaft werben, haben diese Päckchenküche im Angebot: Soßen von Maggi, Kartoffelpüree von Pfanni, Suppen von Knorr und Pudding von Dr. Oetker. Ach ja, nicht zu vergessen die Knorr Salatkrönung, die bis vor Kurzem zu Schwarzmarktpreisen gehandelt wurde, bis sie ein Supermarkt endlich ins Angebot nahm. Das gute Backpulver von Dr. Oetker ist ebenfalls heiß begehrt. Was außer Tütensuppen noch unter „deutsche Spezialitäten“ läuft: knackige Essiggürkchen, Heringe in Tomaten und Essig-Essenz. Gummibärchen von Haribo. Wurst vom Schwein. Und dann diese trockenen Kekse mit Schokoladenüberzug, die schon vom bloßen Anschauen zerbröseln. Mahlzeit!

Die kleinen bunten Täfelchen, die an einem Stand gratis verteilt wurden, waren da schon interessanter: Ritter Sport im Mini-Format. Da darf man schon ein wenig nostalgisch werden. Das schwäbische Schoklädle schmeckte so gut, dass ich – ganz unauffällig – ein zweites Mal vorbeischlenderte, um noch eines zu ergattern.