Viele Einwanderer kamen mit leeren Taschen nach Amerika – sie brachten vor allem ihre Arbeitskraft mit, um im Land der vielen Versprechungen ihr Glück zu machen. Was sie auch dabei hatten, waren Rezepte. In vielen deutschen, italienischen oder polnischen Restaurants wird bis heute nach alten Familienrezepten gekocht. Manche Immigranten hatten handgeschriebene Kochbücher – oder eher Rezeptsammlungen – dabei, oder sie hatten die Rezepte im Kopf und gaben sie mündlich weiter. Viele wurden dann später aufgeschrieben: Man findet solche Rezepte oft in privat herausgegebenen, einfachen Kochbüchlein, wie sie viele Kirchengemeinden als Fundraiser zusammenstellen.
Bekanntlich haben sich europäische – und speziell deutsche – Einwanderer in den USA immer schnell assimiliert, und das betrifft nicht zuletzt das Essen. Allenfalls bei den Mennoniten und Amischen wird noch gekocht wie anno dazumal. Manchmal werden die Gerichte nach alten Familienrezepten als Beilagen zum Thanksgiving-Truthahn aufgetischt – eine meiner früheren Studentinnen erzählte mir einmal, dass ihre italienische Großmutter vor dem Festtag immer eine Ladung Ravioli zubereite.
Was sich in der neuen Heimat grundsätzlich besser gehalten hat, sind Backrezepte – Kuchen und Kleingebäck sind oft Teil der Familientradition, vor allem zu Feiertag. Viele Christmas Cookies in den USA sehen deutschen Weihnachtsplätzchen verblüffend ähnlich. Manchmal ist allerdings die Dekoration etwas amerikanisch geraten wie beim Plätzchen auf dem Foto. Es handelt sich um ein saisonales Gebäck aus Linzerteig, das eine Studentin für ihr Abschlussprojekt im Herbstsemester backte. Sie buchstabierte es im Übrigen „Linserteig“, was nicht die übliche Schreibweise zu sein scheint; im Internet findet sich die eher plausible Schreibweise mit „z“.
Linzerteig ist ein Buttermürbeteig mit Mandeln, und es scheint sich um ein donauschwäbisches Plätzchenrezept zu handeln. Was nichts anderes heißt, als dass dieses Rezept schon öfters mit ausgewandert ist.