Tuesday, March 7, 2006

Eine Gans macht noch keinen Frühling

Gestern standen sie auf einmal auf dem zugefrorenen Teich und machten lange Hälse. Gut zwei Dutzend Kanadagänse, zurück aus dem Winterquartier. Und dann schimpften sie lauthals,Die Kanadagans ist an ihren weißen Bäckchen leicht zu erkennen © Cornelia Schaible wahrscheinlich gefiel ihnen das Eis überhaupt nicht. Honker! Der Spitzname passt: Die Gänse hören sich wirklich an wie die Quietschehupe eines Oldtimers. Kein anderes Tier kann außerdem so indigniert gucken. Gans empört.

Nur: Eine Gans macht noch keinen Frühling. Bis die Gänseeltern wieder stolz ihre Küken auf dem Rasen vor meinem Fenster spazieren führen, vergeht noch eine ganze Weile. Fürs erste haben die Viecher noch einmal das Weite gesucht - bis der Tümpel vor dem Haus endgültig auftaut. Bei all den Gänsen da draußen kann man sich gar nicht vorstellen, dass die Spezies in Michigan bereits einmal ausgestorben war; die letzten Exemplare wurden um 1900 gesichtet. Um die Gans in Michigan wieder heimisch zu machen, gab es sogar Brutprogramme, und der stattliche Vogel wurde in Naturschutzgebieten ausgesetzt und gehegt und gepflegt.

Der Kanadagans ist das offenbar ausgezeichnet bekommen: Nach Angaben der staatlichen Naturschutzbehörde stieg die Zahl der im Frühjahr gezählten Gänse von 9000 im Jahr 1979 auf über 300.000 bis zum heutigen Tag. Ich würde allerdings sagen, dass es viel mehr sind. Gänse gibt’s hier im Sommer überall. Wahrscheinlich sind sie die eigentlichen Bewohner von Metro Detroit – und die Menschen stellen ihnen die Infrastruktur zu Verfügung.

Die Gans setzt sich hier zu Lande ins gemachte Nest. Nicht nur im Gebiet der Großen Seen hatten es Wildgänse nie besser: Bevor die weißen Siedler kamen, war Lederstrumpf-Land über weite Teile von Sümpfen und Wäldern bedeckt; offene Flächen waren eher selten. Aber erst die Erfindung der Vorstädte mit unzähligen Rasenflächen und künstlichen kleinen Gewässern schuf den idealen Lebensraum für die Gans. Und wie immer, wenn sich eine Tierart besonders erfolgreich an die veränderte Umwelt anpasst, spricht der Mensch von „Kulturfolger" und nimmt übel. Vor allem Golfspieler hassen es, wenn grasendes Federvieh das makellose Grün mit seinen Würstchen verziert.

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