Saturday, March 7, 2009

Chicago in Zeiten der Rezession

Und wo, bitte, geht’s hier zur Rezession?

Einer Großstadt wie Chicago sieht man es auf den ersten Blick nicht an, dass es der Wirtschaft schon einmal besser ging. Die City wirkt geschäftig wie eh und je. Der Trump-Tower ist zwar immer noch nicht fertig, und die Pläne für den wahnwitzigen Chicago Spire liegen wohl ganz auf Eis. Aber sonst fielen uns am vergangenen Wochenende einige neue Wolkenkratzer in der Skyline der „Windy City“ auf, die bei unserem letzten Besuch garantiert noch nicht da waren. Ist auch schon eine Weile her.

Bei Neiman Marcus in der Magnificent Mile war es dann aber wirklich sehr ruhig. Und die Verkäufer, deren Gesichtsausdruck am besten mit „tapfer“ zu beschreiben wäre, standen sich die Beine in den Bauch. Ein Ständer mit Pelzmänteln, an dem ich achtlos vorbeigegangen war, weckte die Aufmerksamkeit meines Mannes. „Das musst du dir wirklich einmal ansehen“, rief er, und ich ging wieder zurück. Er deutete auf ein Preisschild: Der Pelz war von – schluck – 66.000 Dollar auf 33.000 Dollar heruntergesetzt. So gesehen, ein richtiges Schnäppchen!

Abends warteten wir dann über eine halbe Stunde auf einen Platz im Restaurant von Mike Ditka, dem früheren Football-Spieler. Für 40-Dollar-Steak-Cuts, so schien es, hatten die Chicagoer noch genug Geld. Wir aßen Fisch. Den können sie dort auch ganz gut.

Am nächsten Morgen packten wir unsere Sachen, und dann klopfte auch schon das Zimmermädchen. „One Moment, please!“ Ach so, Trinkgeld. Dann war das ebenfalls erledigt, und wir warteten auf den Aufzug. Wir befanden uns im 21. Stock des Traditionshotels „Allerton“, und wussten bereits: Das konnte dauern. Wahrscheinlich ist der Fahrstuhl auch historisch. In unserem Zimmer wurde derweil bereits aufgeräumt. Plötzlich kam die Housekeeping Lady zur Tür herausgeschossen: „Thank you! Thank you!“ Es war eine kleine, schon etwas ältere Frau mit dunklen Haaren und spanischem Akzent. Sie verharrte einen Moment unschlüssig im Flur, und bevor sie wieder zurück an die Arbeit ging, rief sie uns noch zu: „God bless you!

Offenbar hatten die 10 Dollar Trinkgeld ihren Sonntag gerettet.