Am gestrigen 15. April war Tax Day, was bedeutet, dass man seine Steuererklärung vor Schalterschluss abgeschickt haben musste. Es hat sich noch nicht ganz herumgesprochen, dass man das auch früher machen kann – wir haben unsere Steuererstattung längst bekommen.
Nun sind Amerikaner dafür bekannt, dass sie besonders ungern Steuern zahlen (obwohl sie besonders schnell nach dem Staat rufen, sobald es irgendwo klemmt). Deshalb haben sich gestern in vielen Städten unzufriedene Steuerzahler auf (mit Steuergeldern finanzierten) öffentlichen Plätzen und Straßen versammelt, um mal wieder eine richtig zünftige Tea Party zu feiern. Mit dem guten alten Motto des historischen Vorbildes von anno 1773 in Boston: „No Taxation without Representation!” Logisch – das sind alles Leute, die sich von der neuen, demokratisch gewählten Regierung nicht repräsentiert fühlen. Schließlich haben sie die Wahl verloren.
Tatsächlich richteten sich die gestrigen Tea Parties weniger gegen die Steuern als gegen den Präsidenten: Es waren ganz unverhohlene Anti-Obama-Demonstrationen. Nun garantiert die freedom of speech in diesem großartigen Land, dass man auch gegen einen frisch gewählten Präsidenten auf die Straße gehen darf. Und man kann ihn auf Protestplakaten ohne weiteres beschimpfen – sogar mit Wörtern, die allesamt auf -ist enden: SOZIALIST, FASCHIST, TERRORIST. Und ANTICHRIST. Das geht sogar in Radio- und Fernsehsendungen. Aber es ist schon unappetitlich, was sich da in Amerika so zusammenbraut. Eine ziemlich braune Brühe.
Nun ist der lose Tee aus Revolutionszeiten längst aus der Mode gekommen – heute wird mit Hilfe von Teebeuteln protestiert: „Teabag the Dems before they teabag you!“ Die Leithammel dieser neuen Bewegung haben dabei allerdings übersehen, dass „Teabagging“ auf etwas anspielt, was wenig mit Politik, aber dafür ziemlich viel mit einer bestimmten sexuellen Praxis zu tun hat (man lernt doch nie aus). Das Urban Dictionary hat die zweideutigen Witzchen über die Teabagger aus der rechten Ecke bereits aufgenommen.
Ach ja, und ungefähr 95 Prozent der Steuerpflichtigen müssen dank Obama diesmal weniger zahlen. Aber das haben die Teabagger offenbar übersehen.