Sunday, September 19, 2010

Wenn Monarchen nach Mexiko fliegen

Die Terrasse des Restaurants „Sans Souci“ auf Harsens Island ist ein fabelhaftes Plätzchen für ein aussichtsreiches Mahl: Man sitzt direkt am Ufer des St. Clair River mit einer ordentlichen Portion frittierter Fischfilets vor sich, blinzelt in die Sonne und findet die Welt soweit in Ordnung. Sonntags gibt’s die Fischchen als Special, und man kriegt sogar Nachschlag, den man sich für zu Hause einpacken lassenMonarch © Cornelia Schaible kann. Und dann beobachtet man nebenher alles, was so vorbeikommt – bei unserem Restaurantbesuch am vergangenen Sonntag war das erste Frachtschiff schon in Sichtweite, als wir noch nicht einmal Platz genommen hatten.

Aber nicht nur Schiffe waren unterwegs. Irgendwann fiel mir auf, dass wir am Rande einer Art von Monarchen-Autobahn in Richtung Süden saßen. Die großen Falter mit der auffälligen Zeichnung, deren Spannweite über 10 Zentimeter betragen kann, gaukelten einer nach dem anderen vorbei; das Orange ihrer Flügel leuchtete im Spätsommerlicht. Der große Treck hat also begonnen. Dass diese zerbrechlichen Schönheiten bei diesem Tempo irgendwann in Mexiko ankommen sollen, kann man sich allerdings nur schwer vorstellen. Neu war mir, dass die Schmetterlinge offenbar streckenweise einzeln fliehen – ich hatte immer nur von Schwärmen gelesen. Aber sie übernachten auf jeden Fall in Kolonien. Auch das würde ich gerne einmal sehen!

Die Wanderfalter sind mehrere Monate quer durch Nordamerika unterwegs, bis sie ihr Ziel erreichen. Und keiner von ihnen kommt je wieder zurück – die Rückwanderung involviert mehrere Generationen von Schmetterlingen. Woher wissen sie dann, wohin die Reise geht? Der Sommertrip in Richtung Norden ist indessen leichter zu verstehen als der herbstliche Zug nach Süden: In der warmen Jahreszeit ziehen die Schmetterlinge einfach ihren Futterpflanzen nach.

Am vergangenen Sonntag dürften Hunderte von Monarchen an uns vorbeigeflogen sein. Das war’s dann wohl mit dem Sommer.

Tuesday, September 14, 2010

Die Globalisierung des Irrsinns

„There was a time when gaining attention for saying something stupid required an institutional standing – a prominent pulpit, a denominational leadership position, a following of more than a few dozen people meeting in a warehouse. In the Internet era, attention for stupidity is a democratic right, rewarded for audacity and timing alone. The new media provide a platform without filters for those without credentials – people who, in previous times, could not get a letter to the editor published in the shopper's gazette.“

MICHAEL GERSON heute in der Online-Ausgabe der „Washington Post“ über Möchtegern-Koranverbrenner und andere Durchgeknallte, denen das Internet eine Plattform bietet: „It is the globalization of insanity“, lautet der erste Satz der Kolumne.

Sunday, September 5, 2010

It Was Like a Fascist Nightmare

„I am a 35 year old man who had an interesting set of perspective shifts from 2001-2002. I started 2001 a Republican; I ended 2002 a vocal anti-Bush anti-war Democrat. And now I'm not sure I even want to be an American anymore. I speak for many of my friends.

What changed from 2001-2002? A number of things: The blatant dishonesty and warmongering of the Bush administration over spy planes in China, the creepy giddiness of the administration over 9-11 and the rush to war, and the horribly wrong coverage of all of the above by our ,liberal‘ media. One more fact: I lived in London from late September 2001 through the end of 2002. From there, I read reports about the IAEA and Scott Ritter, Hans Blix et al. over and over again saying there were no WMD in Iraq. When I got back to the US, it was like a fascist nightmare. Flags festooned everywhere, people literally calling you a traitor for opposing the war, etc.“

KOMMENTAR von „Joe“ aus Ann Arbor auf der Online-Ausgabe der „New York Times“ zur heutigen Kolumne von Frank Rich, „Freedom's Just Another Word“, die Obamas blutleere Rede zum Ende des Irak-Krieges beklagt. Vielleicht sollte man sich wie Joe aber gelegentlich daran erinnern, wie sich das Leben in diesem Lande unter Bush angefühlt hat. Man ist so leicht unzufrieden.

Wednesday, August 25, 2010

Große Schiffe in Chicago

Als wir am vorvergangenen Wochenende in St. Ignace waren, fiel mein Blick auf einen Zeitungsautomaten mit der Lokaldepesche. Auf dem Titelblatt prangte das Foto eines Tall Ship mit geblähten Segeln, das gerade unter der Mackinac Bridge fuhr. Ein traumhaftes Motiv. Das hätte ich auch gerne gesehen und fotografiert!

Es handelte sich dabei um die „Denis Sullivan“, das Flaggschiff des Staates Wisconsin, ein von typischen Great-Lakes-Schonern inspirierter Nachbau. Das Schiff segelte gerade auf dem letztenMast der „HMS Bounty“ © Cornelia Schaible Abschnitt bei der diesjährigen Segelregatta auf den Großen Seen: Die Great Lakes United Tall Ships Challenge geht am Sonntag in Chicago zu Ende.

Mit von der Partie sind unter anderem noch die deutsche Brigg „Roald Amundsen“ sowie die historische Bark „Europa“, die heute zwar unter niederländischer Flagge fährt, aber 1911 in Hamburg gebaut wurde. Gleich zwei europäische Großsegler an der Navy Pier – auch nicht schlecht. Schließlich liegen Eckernförde beziehungsweise Scheveningen, die jeweiligen Heimathäfen, nicht gerade um die Ecke.

Die elegante „Europa“ ist zweifellos das schönste Schiff bei der Regatta. In der Besuchergunst liegt allerdings ein echter Hollywood-Star vorne: die „HMS Bounty“, deren Masten und Wimpel auf dem nebenstehenden Bild zu sehen sind. Eigentlich ein interessanter Fall, denn es ist ein Replikat, das längst selbst historischen Wert besitzt – MGM ließ das Schiff vor einem halben Jahrhundert bauen. Die „Meuterei auf der Bounty“ mit Marlon Brando war 1962. Den Besucherschlangen nach zu urteilen, scheint es nichts Größeres zu geben, als sich auf diesem Schiff gegenseitig abzulichten. Am besten neben dem Johnny-Depp-Double im Piratenkostüm.

Mehr zum Thema auf suite101: Die Great Lakes United Tall Ships Challenge 2010 ist bald am Ziel

Sunday, August 1, 2010

Schon Herbst

Gestern waren wir in der Mall, und ich suchte den „Fossil“-Laden auf, weil ich den ganzen Sommer an eine weiße Tasche zum Umhängen gedacht und irgendwie nie Ernst damit gemacht hatte, eine zu kaufen. Die Taschen im Laden waren braun, grün oder orange. Weiß: Fehlanzeige. Ich wandte mich mit meinem Wunsch an einen Verkäufer. Der junge Mann sah mich an, als käme ich vom Mond. Oder wenigstens von der südlichen Hemisphäre. „It’s fall now“, sagte er dann pikiert.

Draußen war es schwül, und es sah nach Gewitter aus. Nichts Besonderes am letzten Julitag, mehrere Wochen vor dem offiziellen Herbstanfang. Auch das ist ein Grund dafür, warum eine Mall klimatisiert sein muss: Sonst würde im Juli und August keiner die neuen Herbstklamotten kaufen.

Allerdings muss ich sagen, dass ich auch im September noch keine Lust auf den saisonalen Garderobenwechsel habe – genausowenig wie mein Mann, der sich noch nie an die – mehr oder weniger offizielle – Regel gehalten hat, dass man nach Labor Day keine kurzärmeligen Hemden mehr trägt.

Im frühen Frühjahr sieht das alles etwas anders aus. Ich hatte noch nie etwas dagegen, leichte Sommerkleidung anzuprobieren, auch wenn draußen noch Schnee liegt. Nur Bikinis im Februar anprobieren, das geht gar nicht. Denn wer will schon im Spiegel der Umkleide sehen, wie eine Made im Bikini wirkt?