Im Prinzip ist die Brennstoffzelle als Fahrzeugantrieb eine prima Sache - sie macht das Null-Emissions-Auto möglich. Allerdings hat das mit Wasserstoff betriebene Minikraftwerk im Auto einen Schönheitsfehler, genauer gesagt zwei: Die mobile Brennstoffzellen-Technik ist bislang technisch unzuverlässig und dazu noch sagenhaft teuer. "Die Brennstoffzelle gilt in der Automobilindustrie als Antriebssystem der Zukunft" ist daher ein Satz ohne Verfallsdatum. Egal, wen und wann man danach fragt - von der Serienreife der Brennstoffzelle sind wir immer 10 bis 15 Jahre entfernt. Das war schon vor Jahren so, und das wird sich nie ändern.
Im Doku-Film "Who Killed the Electric Car?" wird die Brennstoffzelle mit dem Mechanical Rabbit bei Hunderennen verglichen: Wir kommen ihr nie wirklich näher. Die Meute hechelt nur immerzu hinter ihr her. Wäre die Marktreife der Brennstoffzelle ein ernsthaftes Ziel, würden etwa bei DaimlerChrysler nicht nur ein paar Hansel daran herumdoktern, irgendwo in der hintersten Ecke im Keller des Headquarters in Auburn Hills. Nun, die unheilvolle Allianz von Autoindustrie und Erdölkonzernen wird schon dafür sorgen, dass diese scheinbar so greifbare Alternative in unerreichbarer Ferne bleibt. Und gelegentlich wirbt man auf der Autoshow mit der umweltfreundlichen Technik: Brennstoffzellen-Forschung als Feigenblatt.
Es geht aber auch anders: BMW nimmt an diesem seltsamen Rennen nicht teil - und setzt trotzdem auf Wasserstoff als Energieträger. Der soll aber nicht in der Brennstoffzelle in Strom umgewandelt, sondern direkt verbrannt werden: "Wasserstoff ist der Brennstoff der Zukunft, und wir sehen den Verbrennungsmotor - zumindest für BMW - auch weiterhin als das Antriebs-Aggregat der Zukunft", sagte mir BMW-Entwicklungschef Prof. Burkhard Göschel bei einem Interview im vergangenen Jahr (hier findet sich der vollständige Text).
Auch das klang damals noch ein bisschen wie ferne Zukunftsmusik. Das Konzept des Wasserstoff-Verbrennungsmotors hat der bayerische Autokonzern nun deutlich schneller umgesetzt als erwartet: Gestern präsentierte BMW "die weltweit erste mit Wasserstoff betriebene Luxuslimousine für den Alltagsbetrieb", wie es in der Pressemeldung heißt, den "Hydrogen 7". So richtig alltäglich ist diese zum Wasserstoffauto umgerüstete Limousine aus der 7er-Reihe aber auch wieder nicht. Sie soll in einer Kleinstserie hergestellt und - da offenbar unbezahlbar - an ausgewählte Kunden verleast werden.
Der "Hydrogen 7", in dessen Tank der Flüssigwasserstoff bei minus 253 Grad Celsius gespeichert wird, ist gewiss ein "Meilenstein auf dem Weg zu einer nachhaltigen und schadstofffreien Mobilität", wie BMW schwärmt. Dummerweise ist dieser Weg aber noch keineswegs von Wasserstoff-Tankstellen gesäumt - und so handelt es sich bei der Wasserstoff-Limousine in Wirklichkeit um ein bivalentes Fahrzeug, das noch einen zweiten Tank besitzt und und auch ganz herkömmlich mit Superbenzin betrieben werden kann.
Nachtrag vom 17. September 2006:
GM hat inzwischen die Serienreife des ersten Fuel-Cell-Fahrzeugs angekündigt - das ist der bereits bei der Autoshow 2005 vorgestellte Sequel, dem inzwischen die Marke "Chevy" aufgepappt wurde. Der könnte schon 2011 in Massenproduktion gehen, heißt es in Presseberichten. Aber ja doch. Wo diese Brennstoffzellen-Autos dann den Wasserstoff hernehmen sollen, verrät das Unternehmen nicht. Sie könnten nicht mal die erste öffentliche Wasserstoff-Tankstelle in deutschen Landen anzapfen, die BMW kürzlich in Kooperation mit Total in München eröffnet hat - denn da gibt's nur Flüssigwasserstoff. Für den komprimierten Wasserstoff, den der Sequel braucht, existiert noch nicht einmal ein Industrie-Standard.