Kürzlich erhielt ich von der Organisatorin meines Buchclubs eine E-Mail, die mit dem Satz endete: „Neue Mitgliederinnen sind herzlich eingeladen.“ Vorsorglich hatte die Schreiberin noch in Klammern hinzugefügt: „Sagt man so?“
Andere haben da weniger Bedenken, sonst würde ich neuerdings nicht alle naslang über „Mitgliederinnen“ stolpern. Offenbar ist die weibliche Anredeform mittlerweile so volkstümlich, dass sich Frauen nie und nimmermehr mitgemeint fühlen, wenn die Bezeichnung auf „-er“ endet: der Politiker, der Lehrer oder auch der Leser sind eindeutig männlich – im Singular wie im Plural. Also drucken Zeitungen täglich ein paar Seiten mehr, damit sich ihre Leser und Leserinnen alle gleichermaßen wiederfinden, angefangen bei den Schülern und Schülerinnen bis hin zu den Rentnern und Rentnerinnen.
Die sprachliche Geschlechterdifferenzierung ist ein Muss, das habe ich schon vor vielen Jahren erfahren. Als ich noch in der Schweiz an meiner Dissertation herumdokterte, fuhr ich einmal nach Basel zu einem Kongress über feministische Literaturwissenschaft. Untergebracht war ich bei zwei forschen Schweizerinnen, die nach eigenem Bekunden nichts für das männliche Geschlecht übrig hatten – auch nicht in der Grammatik. „Meine Gästin ist schon da!“ verkündete eine der beiden am Telefon. Sie sagte das natürlich auf Schwyzerdütsch, und es klang irgendwie bedeutend. Ich war beeindruckt.
Nun sollte man die Feminisierung der Sprache nicht zu weit treiben. Die Pluralform „Mitglieder“ zu verweiblichen, ist jedenfalls blanker Unsinn – schließlich heißt es im Singular „das Mitglied“, und das ist eindeutig ein sächliches Hauptwort. Wer es trotzdem gerne zweigeschlechtlich hätte, sollte sich an das deutsche Vereinswesen halten. Dort ist für die geschätzten Mitgliederinnen längst eine andere Anrede in Gebrauch, die nicht nur zu Karneval gerne aus der Kalauerkiste gekramt wird: „Liebe Mitglieder und Ohneglieder…“