Thursday, February 21, 2008

Hautfarbenlehre

Am Anfang fragten sich viele, ob dieser Mann auch nur den Hauch einer Chance haben könne, Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika zu werden. Ein Schwarzer im Weißen Haus!

Dann war er plötzlich einigen Leuten nicht schwarz genug.

Das änderte sich, als Barack Obama anfing, eine Vorwahl nach der anderen zu gewinnen. Getragen von einer Woge der Begeisterung, die einem bisweilen schon unheimlich wird. Also, was jetzt: Spielt es am Ende überhaupt eine Rolle, welche Hautfarbe der Kandidat hat? Bei Obama jedenfalls nicht, sagt der US-Komiker Bill Maher: „Er ist so etwas wie die Halle Berry der Politik." Wobei Obama noch den entscheidenden Vorteil mitbringt, sollte man hinzufügen, dass er keine Frau ist. Will heißen: kann fürs Präsidentenamt uneingeschränkt gecastet werden.

Vor allem aber stammt der „schwarze Hoffnungsträger der US-Demokraten", wie ihn der „Spiegel" nannte, nicht von Sklaven ab. Bei weißen Amerikanern weckt er somit keine latenten Schuldgefühle; Afro-Amerikaner haben ihm diesen Makel offenbar verziehen. Aber wie schwarz ist überhaupt ein Amerikaner, dessen Mutter eine Weiße aus Kansas war? Nun, sein Vater kam aus Kenia, und somit gilt Obama nach der reinen US-Hautfarbenlehre als Schwarzer. Ein bisschen schwarz gibt’s nicht. Rosa Parks war eine schwarze Bürgerrechtlerin, zu deren Vorfahren Iren und Schotten zählten.

Allerdings existiert für Afro-Amerikaner auch die Bezeichung „person of color", die mir persönlich immer sehr zu denken gibt. Zugegeben, mein Teint ist tatsächlich eher farblos, zumal jetzt im Winter. Aber die Hautfarbe von, sagen wir einmal, Bill Clinton würde ich ohne Zögern als Schweinchenrosa bezeichnen. Dass Clinton gelegentlich als „erster schwarzer US-Präsident" bezeichnet wird, ist eine andere Sache – er hat viel zur Integration seiner farbigen Mitbürger beigetragen.

Manchmal heißt es eben, Farbe zu bekennen. Etwa, wenn man in behördlichen Anträgen nach der ethnischen Zugehörigkeit gefragt wird. Die Mutter eines deutschen Schülers verursachte einen erheblichen Wirbel, als sie sich nach dem Umzug in die USA am ersten Schultag standhaft weigerte, auf einem Formular das Wort „caucasian" anzukreuzen. Sie komme nicht aus dem Kaukasus, versicherte sie glaubhaft.

Nun hat „caucasian", auf Deutsch „kaukasisch", eine komplizierte Herkunftsgeschichte – das Wort, das auf seinem Weg vom Kaukasus-Gebirge nach Amerika irgendwie verunfallte, bedeutet indessen nichts anderes als „weiß". Was immer das heißen mag. Schwarz zu sein bedeutet in den USA jedenfalls, anders zu reden als die Weißen und etwa wildfremde Menschen als „brothers" und „sisters" zu bezeichnen. Vorausgesetzt, die solchermaßen Titulierten sehen danach aus, als seien ihre Vorfahren auf Sklavenschiffen nach Amerika gekommen.

Aber welche Farbe hat nun Barack Obama? Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass seine Haut auf manchen Fotos zwischen Gelb und Grün changiert und seine Lippen bläulich schimmern. Wenn man es ganz genau nimmt, wirkt er bei seinen von ausladenden Gesten begleiteten Reden wie ein Wesen von einem anderen Stern. Und dazu diese abstehenden Ohren! In einer beliebigen Masse von Menschen würde Obama ebenso wenig untergehen wie ET, als dieser versuchte, sich unter den Stofftieren seiner Gastfamilie zu verstecken.

Zu einem originellen Kopf gehört nie ein Dutzendgesicht. Aber genau da liegt das Problem: Die satirische Sendung „Saturday Night Live" sucht verzweifelt nach einem Obama-Double. Bisher, so entnehme ich einem Video auf CNN online, war die Suche allerdings vergeblich. Die Bewerber waren alle irgendwie zu – ähem, schwarz.