„Von Simone de Beauvoir stammt das Bonmot, Amerikaner müssten nicht lesen, weil sie nicht denken. Die Denkleistung lässt sich leider nur schwer quantifizieren; besser sieht es da bei dem Leseverhalten aus. Amerikaner lesen, keine Frage, und der Anteil der Analphabeten in den USA liegt in etwa auf dem Niveau des europäischen Durchschnitts. Das Angebot an Zeitungen pro Kopf ist nur in Skandinavien, Luxemburg und der Schweiz größer als in den USA.
Amerika ist stolz auf seine lange Tradition großzügig ausgestatteter öffentlicher Büchereien; der durchschnittliche US-Bürger wird so besser mit Lesestoff versorgt als sein Pendant in Deutschland, Großbritannien, Frankreich, in den Niederlanden und den Mittelmeerstaaten. Und die Amerikaner machen von diesem Angebot auch Gebrauch: 2001 liehen sie sich im Schnitt mehr Bücher als Deutsche, Österreicher, Norweger, Iren, Luxemburger, Franzosen, Italiener und die europäischen Mittelmeeranrainer. Außerdem kaufen und schreiben sie mehr Bücher als die Europäer.“
Der amerikanische Historiker PETER BALDWIN auf "Spiegel Online" in einer Artikelserie mit dem Titel "Transatlantischer Vergleich", basierend auf einer Vielzahl von Daten. Aus persönlicher Anschauung kann ich hinzufügen, dass ich bei unserer jüngsten Reise nach Texas wieder einmal darüber staunte, wie viele Amerikaner beim Warten am Flughafen ihre Nase in ein dickes Buch stecken – so viele Leseratten sind mir in Europa im öffentlichen Raum nie aufgefallen. Höchstens vielleicht bei Zugfahrten in der schönen Schweiz.