Meine Familie verachtete Willi Brandt. Ich glaube, man kann das so sagen. Er war ein Sozi, ein uneheliches Kind und ein WerweißwaserimKrieggemachthat. Und dazu lebte er „unter falschem Namen“.
Ich war damals noch ein Kind und wunderte mich über diese Tiraden, denn eigentlich sah er gar nicht unsympathisch aus. Das Wort gab es damals noch nicht, aber heute würde ich sagen: Willy Brandt besaß einen hohen Cool-Faktor, der anderen Politikern entschieden abging. Und als Jugendliche begann ich, mich für die Zusammenhänge zu interessieren. Zwar wurde ich nicht wirklich politisch aktiv, aber als ich meiner Mutter erzählte, ich sei bei der Bürgersprechstunde unserer Bundestagsabgeordneten Herta Däubler-Gmelin in der Tübinger Neckarhalde gewesen, war es an ihr, sich zu wundern. Wie Deutschland mit seinen Emigranten umging, lernte ich dann im Germanistikstudium.
Willy Brandt wurde mein Held.
(In die SPD bin ich aber doch nicht eingetreten, denn irgendwann war ich bei einer Versammlung mit Oskar Lafontaine in Mössingen, und dann sangen sie „Brüder, zur Sonne, zur Freiheit“. Also das mit dem Singen, das ging gar nicht.)
Es wird spannend sein zu sehen, wie Kinder und Jugendliche die politische Stimmung von heute verarbeiten. So etwas prägt. Als Barack Obama gestern in New Orleans war, fragte ihn ein Viertklässler mit großem Ernst: „Why do people hate you?“
Gute Frage.
Obama gab darauf eine sehr diplomatische Antwort, von der Art: „Das gehört zur Jobbeschreibung.“
Der kleine schwarze Junge wird indessen nie vergessen, wie cool er den Präsidenten fand. Was immer die Erwachsenen dazu meinten.