Wer im Schwabenland lebt, kann einfach in eine Bäckerei gehen und sagen: „Eine Seele, bitte!" Das ist dann kein frommer Wunsch, sondern die Grundlage für ein ordentliches Vesper. Eine Seele ist ein baguetteartiges Gebäck, das meistens mit Salz und Kümmel bestreut wird. Genau genommen handelt es sich um ein Dinkelbrot, außen knusprig und innen feucht, aber auch etwas schwer. Richtig herzhaftes Brot eben.
Aber selbst in Deutschland sind Seelen außerhalb Baden-Württembergs nur schwer aufzutreiben. Deswegen staunte ich nicht schlecht, als einer meiner Schüler kürzlich sein Pausenbrot auswickelte: Es war einigermaßen länglich und hatte eine appetitliche goldbraune Farbe. Eine belegte Seele, ein eher ungewöhnlicher Anblick hier zu Lande. Die habe seine Mutter gebacken, sagte der junge Mann. Ich blickte wohl etwas verwundert, worauf er stolz erklärte: „Das ist eben eine tüchtige schwäbische Hausfrau!"
Um keine bösen Zuschriften zu riskieren: Ich höre immer wieder, dass sich deutsche Expats ihr Brot selber backen – und zwar nicht nur die aus Süddeutschland. Ich selbst bin in dieser Hinsicht eher untüchtig. Das eine oder andere anständige Baguette lässt sich auch in Metro Detroit finden, und damit gebe ich mich für gewöhnlich zufrieden. Mein Seelenheil hängt zum Glück nicht vom regelmäßigen Verzehr von 36-Korn-Brot ab.
Da fällt mir aber ein, dass ich noch eine importierte Brotbackmischung im Vorratsschrank stehen habe, ein Geschenk von Europe's Fine Food. Vielleicht sollte ich mich doch einmal daran versuchen?
Und hier noch eine ältere Geschichte über die Gründerin von Europe's Fine Food: Die Thamms, Schwaben in Detroit