An den neuen Präsidenten haben sich die Leute schnell gewöhnt, das fiel nicht schwer. Er setzte sich an den Schreibtisch im Oval Office und fing an zu arbeiten. Nach seinem ersten Arbeitstag musste sich Barack Obama angeblich zu den Privatgemächern im White House durchfragen – vielleicht hat’s inzwischen sogar zu einer kleinen Schlossbesichtigung gereicht. Während der Präsident also seinen Job macht, was soweit erfreulich ist, aber wenig glamourös, berauscht sich das Volk weiterhin an der Amtseinführung am Dienstag. Die Menschenmassen! Die feierliche Stimmung! Das Outfit der neuen First Lady! Und vor allem: Arethas Hut!
Die Kopfbedeckung der Queen of Soul, die vor der Präsidentenvereidigung sang, hat seither viel Wind gemacht – kein Wunder bei der Riesenschleife. Vor allem in Detroit, ihrer Heimatstadt, ist der Hut Stadtgespräch. Genau wie der Schöpfer des textilen Ungetüms: Er heißt Luke Song und ist Inhaber des äußerlich ziemlich unscheinbaren Hutgeschäfts „Mr Song Millinery“ an der Woodward Avenue. Mir war der Laden schon vor einiger Zeit aufgefallen, und zwar wegen des altmodischen Namens: „Millinery“ heißt Modewarengeschäft; das findet man nicht mehr so oft. Ausgefallene Hüte sind allerdings auch sonst keine Mangelware in den Staaten, denn eine afroamerikanische Lady geht bis heute nur gut behütet in die Kirche. Davon lebt Mr. Song, der im Übrigen einen Großhandel betreibt. Die Hutparade auf seiner schlichten Website ist beeindruckend. Ich will auch einen!
Dank Aretha Franklin bekommt Mr. Song nun Anfragen aus aller Welt. Alles, was halbwegs nach Arethas Hut aussieht, ist allerdings längst ausverkauft – das Schleifenmodell aus grauem Filz mit einem Besatz aus Straßsteinen war ohnehin eine Sonderanfertigung, meldet die „Free Press“. Allerdings kann man sich wenig andere Gelegenheiten vorstellen, bei denen der Hut zur Geltung käme. Und es braucht immer den richtigen Kopf für einen solchen Deckel. Oder wie eine Leserbriefschreiberin auf der „Detroit News“ meinte: „The hat Aretha wore was great. Aretha is a woman in her 60s and she looked like a woman in her 60s. This ain't Beyoncé!“
Jedenfalls hat der Hut dank Photoshop längst ein Eigenleben im Internet entwickelt – er ziert inzwischen so ziemlich alles, einschließlich der Köpfe am Mount Rushmore.