In der kommenden Woche, am 8. und 10. Mai, werde ich in Zusammenarbeit mit der Deutschen Schule Metro Detroit zwei Seminare zur Rechtschreibreform anbieten. Genauer gesagt: Es geht dabei um die Reform der deutschen Rechtschreibung aus dem Jahr 1996. Dazu ein paar Erläuterungen für alle, an denen diese Reform irgendwie vorbeigegangen ist (kann im Ausland schließlich leicht passieren).
Besagte Rechtschreibreform wurde im Prinzip bereits am 1. August 1998 eingeführt – ich kann mich noch gut daran erinnern, denn das war ein Samstag, und ich hatte Wochenenddienst in der Redaktion. Die Montagsausgabe der Zeitung erschien dann in der neuen Schreibweise. Und ein paar Tage später hatte sich mein rechter kleiner Finger schon daran gewöhnt, nicht mehr so oft nach der Eszett-Taste zu fischen. Von einigen überflüssigen Änderungen einmal abgesehen (die Gämse lässt grüßen!) erschien mir die neue Regelung insgesamt nützlich und sinnvoll.
So dachten allerdings nicht alle. Die breite Öffentlichkeit hatte von der Reform nämlich erst erfahren, als sie schon fast unter Dach und Fach war. Kein Wunder: In dem Arbeitskreis, der das neue Regelwerk entworfen hatte, befanden sich zwar eine Menge gelehrter Germanisten, aber offenbar niemand, der etwas von Marketing verstand. Die Kommission hatte weitgehend hinter verschlossenen Türen getagt. Aufklärung der Allgemeinheit: Fehlanzeige.
Dabei sollte die Rechtschreibung ursprünglich reformiert werden, um der Bevölkerung das Schreiben zu erleichtern – aber niemand hatte die Leute gefragt, was sie einst beim Diktat am meisten ins Schwitzen brachte. Und so brach alsbald ein Sturm der Entrüstung los. Zahlreiche Schriftsteller (die sowieso schreiben können, wie sie wollen, sobald sie erst einmal richtig berühmt sind) setzten sich für einen Stopp der Reform ein. Der Untergang des zivilisierten Abendlandes schien nahe. Kurzum: Es war ein Albtraum (jawohl!).
Eine Reform der Reform war also unumgänglich. Ende 2004 nahm der „Rat für Deutsche Rechtschreibung" unter der Ägide des Bayern Hans Zehetmair seine Arbeit auf und beseitigte den gröbsten Unfug im Regelwerk – niemand sollte mehr „Spagetti" schreiben müssen (laut Duden ist es allerdings nach wie vor erlaubt). Die Kultusministerkonferenz stimmte den Vorschlägen des Rates zu, und am 1. August 2006 trat die Rechtschreibreform in Kraft.
Selbst die FAZ, die im Jahr 2000 unter viel Getöse zur alten Rechtschreibung zurückgekehrt war, publiziert seit Anfang dieses Jahres nach den neuen Regeln – wie die überwiegende Mehrheit der großen Verlage. Das heißt, jetzt gibt es keine Ausrede mehr: Wer sich nicht nach den Regeln der neuen Rechtschreibung richtet, schreibt antiquiert. Dazu muss man allerdings bemerken, dass die Öffentlichkeitsarbeit auch bei der Rechtschreibreform-Reform nicht gerade vorbildlich war. Es wäre eine nette Geste gewesen, die neuen Regeln etwa per Hauswurfsendung unters Volk zu bringen. Dies geschah nicht. Aber schließlich müssen ja auch Volkshochschulen noch etwas zu tun haben. Oder Sprachklempner wie ich.
Ich persönlich halte Rechtschreibung nämlich für ein äußerst reizvolles Thema. Für viele andere ist es eher ein Reizthema, wie ich in Gesprächen immer wieder feststelle. „Iiich schreibe bestimmt nicht nach der neuen Rechtschreibung!" – wie oft habe ich das schon gehört. Merkwürdigerweise nicht selten von Leuten, die alle naslang ihr Blackberry konsultieren, regelmäßig ihren Browser updaten und bestimmt das neueste Windows-Betriebssystem schon installiert haben. Hey, wir leben im Informationszeitalter!
Das grundlegende Kommunikationsmedium, nämlich die Sprache, pflegen meiner Erfahrung nach nur wenige. Und das ist eindeutig ein Fehler – zumal in einer Gesellschaft, die lebenslanges Lernen als selbstverständlich voraussetzt. In meinem Seminar werde ich daher nicht nur die wichtigsten Regeln der neuen Schreibweise behandeln; ich möchte auch mehr Bewusstsein schaffen für das Material Sprache, mit dem wir tagtäglich arbeiten. Auch wenn – oder gerade weil – wir eher E-Mails schreiben als Romane.
Die Beschäftigung mit der Orthografie sollte man gewiss nicht allein Deutschlehrern und Journalisten überlassen. Dr. Matthias Wermke, der Leiter der Dudenredaktion, schreibt auf einem Beilageblatt der neuesten Ausgabe des Wörterbuches: „Ein sorgfältiger Umgang mit Rechtschreibung und Interpunktion zeichnet nicht nur die Schreiberin oder den Schreiber selbst aus, sondern ist immer auch ein persönlicher Beitrag zu einer aktiven Sprachpflege." Dem ist nichts hinzuzufügen.
Infoblatt zum Seminar