Über weite Teile war die Rede zur Lage der Nation bestenfalls einschläfernd: Der US-Präsident will immer noch die Tyrannei auf der Welt beenden, dauerhaft Steuern senken und den Krieg im Irak gewinnen. Das alte Lied also. Und wer mit konkreten Vorschläge über den Wiederaufbau in New Orleans gerechnet hatte, wurde enttäuscht - das Thema wurde nur so am Rande abgehandelt. Aber dann sagte George W. Bush gestern Abend einen Satz, der die Zuhörer im Fernsehsessel hochfahren ließ:
"America is addicted to oil."
Aber hallo! Und das aus dem Mund eines texanischen Ölmannes. Abhängig vom Öl - eine interessante Diagnose. Houston, wir haben ein Problem: Amerika ist ölsüchtig! Nun, mit Abhängigkeiten kennt sich George W. Bush bekanntlich aus. Und die Nation staunte.
Das Öl, so hat der Präsident festgestellt, "wird oft aus unstabilen Regionen dieser Welt importiert". Genauer gesagt, es schmiert die Diktaturen im Nahen Osten, denen Bush den Kampf angesagt hat. "In der arabischen Welt sind Öl und autoritäre Regierungssysteme untrennbar verbunden", schreibt Thomas Friedman heute in der "New York Times". In korrupten Petrokratien kann die Demokratie nicht gedeihen. "Es ist kein Zufall", so endet Friedmans Kolumne, "dass die erste und einzige wirkliche Demokratie in der arabischen Welt - der Libanon - nie einen Tropfen Öl besaß".
Um die Ölabhängigkeit der Wirtschaft zu überwinden, will Bush die Erschließung sämtlicher alternativer Energiequellen fördern - allerdings brachte er in seiner Rede auch die Kernkraft ins Spiel. Und insgesamt blieb er reichlich vage. Etwas präziser war, was Bush zum Thema alternative Antriebsarten fürs Auto zu sagen hatte: Bessere Batterien für Hybrid- und Elektrofahrzeuge, heißt hier die Parole, und weiter am abgasfreien Wasserstoffauto forschen. Das klingt alles sehr schön, und wäre es das gewesen, hätten tatsächlich die Miesmacher Recht, die sich heute ausgiebig zu Wort meldeten: alles nur Zukunftsmusik, keine Lösung aktueller Probleme. Denn mit Wasserstoff fahren wir noch lange nicht. Und Hybridantriebe sparen zwar Kraftstoff, gewiss, aber sie beenden nicht die Abhängigkeit von fossilen Energien.
Aber Bush will noch mehr, nämlich weg vom Benzin: Bald sollen die notorischen Spritfresser auf Amerikas Straßen Ethanol schlucken. In Detroit, wo Bill Ford neuerdings für den synthetischen Kraftstoff wirbt, horchte man spätestens an dieser Stelle auf. Und das ist nun kein Projekt für übermorgen, sondern bereits eine mögliche Alternative - hier gibt's eine Liste mit Autofabrikaten, die den Kraftstoff E85 vertragen, also ein Gemisch aus Ethanol und Benzin: Flexible Fuel Vehicles.
Allerdings - wie aus der Website auch hervorgeht - gibt's noch kaum Tankstellen, die Ethanol an der Zapfsäule anbieten. In Michigan sind das gerade mal vier, davon drei immerhin in Metro Detroit. Und das Produktionsverfahren für solche synthetischen Kraftstoffe ist aufwändig und teuer; steigende Ölpreisen machen die Sprit-Alternative allerdings zunehmend konkurrenzfähig. Und an den Produktionsmethoden soll noch geforscht werden, versprach Bush.
In jedem Fall ist die Basis für den neuen Kraftstoff überzeugend billig - es handelt sich nämlich um Biomasse, die häufig sowieso anfällt. Die Stängel vom Mais etwa, Stroh oder Holzspäne - Zellulose in jeder Form lässt sich zu Ethanol verarbeiten. Das wäre doch auch eine gute Verwendung für das Gestrüpp, das der Präsident in jedem Urlaub auf seiner Ranch jätet. Auf zum Entbuschen! Der Kraftstoff der Zukunft: Biosprit, gerne auch made in Texas.
Nachtrag:
Hier noch der Link zu einem weiteren Verzeichnis für Alternative Fuel Vehicles vom U.S. Department of Energy.