Morgen ist Murmeltiertag. Das ist kein nationaler Feiertag in den USA, alle müssen arbeiten. Trotzdem hat der Groundhog Day einen festen Platz im amerikanischen Jahreslauf: Am 2. Februar, so will es die Tradition, erwacht das Murmeltier aus dem Winterschlaf und streckt seinen Kopf aus dem Bau. Sieht das Tier seinen Schatten, geht der Winter noch sechs Wochen lang. Sieht es ihn nicht, weil’s regnet oder schneit, ist auch der Frühling nicht mehr weit.
Das erinnert an die gute alte Bauernregel für den heutigen Tag: „Ist’s zu Lichtmess klar und hell, kommt der Frühling nicht so schnell.“ Tatsächlich geht der Groundhog Day auf deutsche Einwanderer zurück, die das Fest Mariä Lichtmess auch in ihrer neuen Heimat feierten. Und statt wie ursprünglich Dachs oder Igel zu beobachten, die nach dem Winterschlaf ins Freie krochen, übertrugen sie das Brauchtum auf den Groundhog (Marmota monax). Bei dem handelt es sich zwar nur um einen nahen Verwandten des europäischen Murmeltiers (Marmota marmota), das dem Wanderer in den Alpen nachpfeift. Aber die Viecher sehen sich ziemlich ähnlich.
Nun wäre der Murmeltiertag höchstens ein Thema für Kindergärten und Grundschulen, gäbe es im Bundesstaat Pennsylvania nicht das Städtchen mit dem unaussprechlichen Namen Punxsutawney. In der selbst ernannten „Welthauptstadt des Wetters“ wird der Murmeltiertag alljährlich mit Pomp und unter Anteilnahme der großen Fernsehstationen begangen – Held des Tages ist Phil, ein wohl genährter Nager mit graubraunem Pelz.
Morgen am Groundhog Day pilgern die Einwohner von Punxsutawney wieder auf einen nahe gelegenen Hügel, den Gobbler’s Knob. Angeblich geht das seit 1887 so, nur sind heutzutage noch ein paar tausend Touristen dabei. Um genau 7.25 Uhr Ostküstenzeit wird das Murmeltier, das sonst in einem Gehege bei der örtlichen Bücherei lebt, der Menge präsentiert. Schatten oder nicht, ist dann die Frage – und damit hat Phil seinen Job getan. Bis zum nächsten Jahr. Die Szene ist im Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“ aus dem Jahr 1993 festgehalten. Ein TV-Wettermacher, verkörpert von Bill Murray, gerät ausgerechnet am Murmeltiertag in eine persönliche Zeitschleife.
Phil, das Murmeltier, war allerdings schon vor der Verfilmung ein Star – 1986 folgte der Nager einer Einladung des damaligen Präsidenten Ronald Reagan ins Weiße Haus. Inzwischen hat der tierische Wetterprophet einige Konkurrenz bekommen, auch hier in der Detroiter Gegend. Im Howell Nature Center sagt Woody das Wetter voraus. Six more weeks of winter? You bet.
Mehr dazu auf www.groundhog.org.
Nachtrag:
Murmeltier Phil hat seinen Schatten nicht gesehen, meldeten die Nachrichtensender. Aber an einem Tag, an dem in Florida 20 Menschen bei einer Tornadoserie umkommen, wirkt derartige Wetterfolklore ohnehin ziemlich unzeitgemäß.