In Detroit gibt es seit zehn Jahren eine Veranstaltung, bei der im Wesentlichen alte Autos eine Straße rauf und runter fahren. Es stinkt nach Abgasen und verbranntem Gummi, die Schlange bewegt sich nur zentimeterweise vorwärts, und am Straßenrand stehen Tausende von Menschen mit glänzenden Augen. Außerdem ist es unerträglich heiß, denn es ist August. Um so etwas zu mögen, muss man wahrscheinlich in Motor City geboren sein.
Offiziell dauert das Spektakel ein Wochenende lang, aber auch schon an den Tagen davor scheinen nur noch Classic Cars unterwegs zu sein. Schauplatz ist die Woodward Avenue, und das Ganze nennt sich Dream Cruise - es ist eine Huldigung an die glorreiche Zeit der Muscle Cars. Die Sause zelebrieren zwar nicht nur Autofans, die damals schon flott unterwegs waren. Aber es sind doch überwiegend ältere Semester, die ein Paar Plüschwürfel vom Rückspiegel baumeln lassen und mit dem Cuda oder Camaro durch die Straßen kreuzen wie einst im Mai. Als die Tankfüllung Benzin noch eine Handvoll Dollar kostete. So richtig zum Basteln und Schrauben kommt man eben erst im Ruhestand. Und jeden Sommer überrascht es aufs Neue, wie viele liebevoll renovierte Klassiker aus den Sechzigern und Siebzigern in den Garagen von Motown stehen.
Die Detroiter lieben ihre Pony-Cars heiß und innig - allen voran den Mustang. Klar, dass die Neuauflage der Auto-Legende schnell eines der Zugpferde von Ford wurde. Nicht jeder möchte ein Museums-Stück, bei dem es schon Glückssache sein kann, den Rückwärtsgang einzulegen. Ein Muscle Car, ja bitte, aber auf dem neuesten technischen Stand. Im vergangenen Jahr stellte Dodge auf der Autoshow den Charger vor. In diesem Jahr zog GM nach und präsentierte den Camaro - eines der meistbestaunten Autos auf der Show. Und auch Ford lässt sich heuer nicht lumpen: Im Zeichen der Cobra soll bald schon die neueste Mustang-Variante vom Band rollen - der "Shelby GT 500", von der Rennsportlegende Carroll Shelby bei den Pressetagen der Show höchstpersönlich vorgestellt. Auch der Shelby-Mustang gehört ganz entschieden zu den Publikumsmagneten.
Wahrscheinlich noch mehr Besucher drängelten sich heute Nachmittag um eine andere Studie - den Dodge Challenger, der wie schon der Charger auf einem Chrysler 300 C basiert. Der Challenger ist sicher die gelungenste Neuinterpretation eines Motown-Klassikers. Ein Pony-Car für die HipHop-Generation - mit viel Bling-Bling. Und einem V8-Hemi unter der Haube. Überhaupt muss man das Wort "Hemi" nur erwähnen, dann verdrehen sogar gestandene Autojournalisten die Augen.
Im Untergeschoss von Cobo Hall, wo die Spezialitäten zu finden sind, war ein Original-Challenger ausgestellt. Frisch renoviert und poliert. "Der ist schöner als der Neue", sagte eine Besucherin.