Vor dem Chrysler-Museum gibt's diesen Sommer regelmäßig Cruise-Nights; die nächste ist kommende Woche am Donnerstag. Da geben sich dann nicht nur liebevoll restaurierte Muscle Cars ein Stelldichein - das Museum holt auch einige gut gehütete Schätze aus dem Keller und präsentiert sie auf dem Parkplatz. Fast vergessene Konzeptstudien, die eine Autoshow lang im Scheinwerferlicht standen, erleben auf diese Weise ein Comeback. Bei der "Extreme Performance Night" am 12. Juli war eindeutig der Dodge Tomahawk Publikumsliebling: ein Motorrad der Extremklasse, das im Wesentlichen aus einem Viper-Motor besteht. Und viele Besucher erinnerten sich sofort daran, dass einst Wolfgang Bernhard mit der 500-PS-Maschine bei der Show auf die Bühne fuhr. In einer schwarzen Lederjacke.
Als vor ein paar Tagen die Meldung durch die Presse ging, dass Bernhard beim frisch von Daimler geschiedenen US-Konzern Chairman werden soll, konnte man dazu fast immer dasselbe Foto sehen: den Tomahawk Man auf der Höllenmaschine. Ein unglückliches Bild. Es illustriert nämlich wie kein anderes den Größenwahn, der bei Chrysler nach dem Merger herrschte. Und dieser Mann soll es nun im Auftrag von Cerberus richten? Schließlich war er schon einmal mit dem Ziel nach Auburn Hills gekommen, Chrysler zu sanieren - gemeinsam mit Dieter Zetsche, der ebenfalls gern auf den Putz haute.
In den Jahren als Chrysler-CEO prägte Zetsche die griffige Formel: "Disciplined pizzazz", was ungefähr soviel wie "Extravaganz mit Disziplin" bedeutet. Abgesehen davon, dass man das Wort mit den vier "z" sonst eher liest als hört, hatte Zetsche schon recht - in Bezug auf die Extravaganz. Mit der Disziplin haperte es indessen ganz erheblich, jedenfalls was den Spritverbrauch der aktuellen Modelle angeht. Aber das spielte damals keine Rolle. "This Baby has two hemis", prahlte Zetsche, als er auf der Autoshow 2005 den Jeep Hurricane vorstellte. Die Studie hat tatsächlich zwei Motoren mit jeweils 335 PS. Eine Spottgeburt. Der Chrysler Imperial, der ein Jahr später vorgestellt wurde, war nur wenig schlichter.
Chief Operating Officer Wolfgang Bernhard wurde 2004 gegangen; mit dem ebenfalls größenwahnsinnigen Vorstandsvorsitzenden Jürgen Schrempp hatte er sich nicht über eine Finanzspritze für Mitsubishi einigen können. Das war der Anfang vom Ende der DaimlerChrysler-Welt-AG. "Mr. Shrimp" ging 2005 in den Ruhestand, und Bernhard begann sein zweijähriges Intermezzo bei VW. In den vergangenen Monaten, so konnte man in der Zeitung lesen, tauchte er plötzlich wieder in Auburn Hills auf und ging im Chrysler-Gebäude ein und aus.
Zetsche sagte am Freitag offiziell Tschüss zu Chrysler. Ob der protzige Imperial nun tatsächlich gebaut wird, muss Bernhard entscheiden. Dass der Jeep Hurricane in Produktion gehen könnte, war nicht einmal in den wildesten DaimerChrysler-Jahren zu befürchten. Wer das Symbol der einstigen Überheblichkeit noch einmal besichtigen möchte: Der Hurricane ist bei der nächsten "Cruise Night" zu sehen, am 9. August vor dem Chrysler Museum.
Nachtrag vom 6. August 2007:
Na endlich. Seit Freitag ist der Deal nun besiegelt - die Manager bei Chrysler und Daimler werden sich freuen, denn jetzt gibt's endlich neue Business Cards. Die alten, auf denen immer noch "DaimlerChrysler" stand, waren ihnen schon lange peinlich. Und Wolfgang Bernhard hat offenbar selbst eingesehen, dass er nicht der Richtige für den Sanierungsjob ist. Die Renovierung bei Chrysler übernimmt jetzt Robert Nardelli, der passenderweise von der Baumarktkette Home Depot kommt. Allerdings war er schon dort nicht besonders erfolgreich.