Am Montag hatten die republikanischen Präsidentschaftsbewerber ihren großen Auftritt auf der Automesse. Mitt Romney, dessen Vater eine leitende Position in der Autoindustrie hatte und dann von 1963 bis 1969 Gouverneur von Michigan war, versprach der notleidenden US-Autoindustrie allen erdenklichen Beistand, um sie wieder zur Blüte zu bringen: „Die Zukunft der Industrie ist sonnig.“ Die republikanischen Wähler aus Michigan goutierten das offenbar, denn 39 Prozent sähen ihn gern als Präsidentschaftskandidaten – John McCain, der auf Wohlfühlrhetorik verzichtete und sagte, dass die Industriejobs, die Michigan verloren hat, wohl nicht alle wiederkommen, erhielt 30 Prozent. Jeder Kandidat darf mal gewinnen, heißt jetzt offenbar das Motto bei den Republikanern. Der nächste, bitte!
Bei den Demokraten entfielen bei den gestrigen Vorwahlen in Michigan 55 Prozent der abgegebenen Stimmen auf Hillary Clinton, 40 Prozent waren „nicht festgelegt“ – im Bezirk Washtenaw County, zu dem Ann Arbor gehört, machten übrigens 45,5 Prozent ihr Kreuzchen bei „uncommitted“, und nur 43 Prozent würden Clinton als Kandidatin ins Rennen schicken. Obama und Edwards waren auf dem Stimmzettel nicht aufgeführt. Wegen innerparteilicher Querelen hatte das demokratische Hauptfeld den Bundesstaat Michigan komplett boykottiert – entsprechend mager war auch die Wahlberichtserstattung in den US-Medien ausgefallen.
Dabei hätten die Vorwahlen dazu dienen sollen, Michigan einmal so richtig ins mediale Rampenlicht zu rücken. Mitsamt den wirtschaftlichen Sorgen, die den Bundesstaat plagen – in Michigan liegt die Arbeitslosenquote mit 7,4 Prozent deutlich über dem nationalen Durchschnitt, und die Immobilienkrise trifft die Bevölkerung besonders hart. Bisher wählte Michigan nach dem Hauptvorwahl-Termin am 5. Februar, wenn das Rennen schon gelaufen war. So sieht es die innerparteiliche Regelung vor. Die republikanischen und demokratischen Parteiführer hatten deshalb gemeinsam ausgekungelt, die Kandidatenkür publikumswirksam in den Januar vorzuziehen. So wollten sie sich die nationale Aufmerksamkeit sichern – und das Millionen-Dollar-Geschäft rund um den Wahlkampfzirkus gleich mit dazu.
Der Schuss ging nach hinten los, jedenfalls für die Demokraten. Das Demokratische Nationalkomittee (DNC) bestrafte die Parteigenossen aus Michigan für ihre Regelverletzung mit Platzverweis: Wenn der demokratische Präsidentschaftskandidat beim Nationalkonvent im Sommer offiziell gekürt wird, sollen die Delegierten aus Michigan nicht zugelassen werden. Die gleiche Strafe droht Florida, das den Wahltermin eigenmächtig auf den 29. Januar vorgezogen hat. Die republikanische Parteiführung will nicht ganz so hart durchgreifen – die Stimmen der Delegation aus Michigan sollen beim Parteitag aber nur zur Hälfte zählen. Die Anhänger beider Parteien in Michigan hoffen indessen, dass die Parteispitze ihre Drohungen nicht wahrmacht und die Delegierten aus dem Staat den Präsidentschaftskandidaten jeweils mit bestimmen dürfen.
Nun hatten sich die drei demokratischen Favoriten aber dazu verpflichtet, als Reaktion auf die Vorverlegung der Wahlen keine Auftritte in Michigan zu absolvieren. Im Gegensatz zu Barack Obama und John Edwards hatte Hillary Clinton ihren Namen auf den Wahlformularen nicht streichen lassen – ob aus Nachlässigkeit oder Kalkül, ist nicht bekannt. Die Anhänger von Obama und Edwards fanden das indessen gar nicht gut und riefen dazu auf, auf dem Stimmzettel „uncommitted“, also „nicht festgelegt“, anzukreuzen. Entfallen auf „uncommitted“ mehr als 15 Prozent der Stimmen, schickt die Partei die entsprechende Anzahl ungebundener Delegierter zum Nationalkonvent. Und die könnten dann das Zünglein an der Waage spielen, falls bis dahin noch kein eindeutiger Gewinner feststeht.
Da vor allem die Anhänger der Demokraten befürchten müssen, dass die Vorwahlergebnisse aus Michigan ohnehin nicht zählen, war die Wahlbeteiligung sehr gering. Vor ein paar Wochen hätten sich die Leute noch darüber aufgeregt, sagte Stefanie Murray, Business-Reporterin bei den „Ann Arbor News“, aber in jüngster Zeit sei von den Vorwahlen kaum mehr die Rede gewesen.
Wenn sie sich schon nicht an Parteiregeln halten, sollten die Demokraten die Vorwahlen nächstes Mal wenigstens nicht während der Autoshow abhalten. Denn die liefert einfach noch mehr Schlagzeilen.