Wednesday, January 24, 2007

Drinking Games

Wenn George W. Bush seine alljährliche Rede zur Lage der Nation hält, ist wieder Zeit für gesellige Trinkspiele vor dem Fernseher. Etwa nach dem Muster: Jedes Mal, wenn der Präsident ein bestimmtes Wort sagt, darf sich die Runde zuprosten. Zum Beispiel „nucular“ (statt „nuclear“) – darauf konnte man gestern drei Mal anstoßen. Oder das Wort „freedom“, normalerweise der Grund für ein nationales Massenbesäufnis, diesmal aber ebenfalls nur drei Mal vertreten. Im Jahr 2005 kam es noch sage und schreibe 21 Mal vor! Woher ich das weiß? Die „New York Times“ hat heute auf ihrer Website ein geniales Zählmaschinchen eingebaut, mit dem sich das per Mausklick nachprüfen lässt. Der absolute Hit in der State of the Union Address 2007: „Iraq“, mit 34 Nennungen. Cheers!

Auch „oil“ wäre keine schlechte Wahl gewesen; dieses Wort tauchte in der Rede immerhin neun Mal auf, deutlich häufiger als im vergangenen Jahr. Auf keiner Trinkspiel-Liste verzeichnet war dagegen „gasoline“. Der Newcomer mit immerhin mit zwei Nennungen kam in einem ganz unwahrscheinlichen Satz vor, nämlich als Bush dazu aufrief, den Spritverbrauch bei Autos zu senken und „bis 2017 bis zu 8,5 Milliarden Gallonen Benzin zu sparen“. Womöglich lag das daran, dass ihm diesmal Nancy Pelosi im Nacken saß, die demokratische Sprecherin des Repräsentantenhauses. Und „Madam Speaker“, wie Bush sie artig begrüßte, hatte einen Holzhammer vor sich liegen. Vielleicht hätte sie damit ein bisschen auf den Bush klopfen sollen, als der Präsident mal wieder von der „Democrat Party“ sprach, obwohl im Skript eindeutig „Democratic Party“ stand (hört sich ungefähr an, wie wenn man in Deutschland von „Evangelen und Katholen“ redet).

Pelosi ließ indessen ihren Holzhammer liegen und verzog nur gelegentlich das Gesicht, als hätte sie Zahnschmerzen. Als Bush allerdings vom Benzinsparen anfing, hielt sie nichts mehr auf ihrem Sitz. Applaus! Applaus! Der finster blickende Herr zu ihrer Rechten blieb in diesem Moment still sitzen. Vizepräsident Dick Cheney klatschte stattdessen heftig, als Bush davon sprach, die strategischen Ölreserven zu verdoppeln. So etwas hört Big Oil immer gerne.

Und dann fiel plötzlich ein Wort, bei dem die ganze Welt die Ohren spitzte: Climate change. Nicht zu fassen – Bush sagte „Klimawandel“. Der Präsident muss in jüngster Zeit seinen Wortschatz gewaltig erweitert haben. Bisher war das nämlich ein Begriff aus dem Wortschatz irgendwelcher tree hugging liberals, die bei Präsidentenreden Trinkspiele abhalten. Oder den Klima-Film von Al Gore propagieren. Vielleicht hat Bush den Streifen heimlich angeguckt?

„An Inconvenient Truth“, Gores Film über die drohende Klimakatastrophe, wurde gestern übrigens für einen Oscar nominiert. Wenn das kein Grund zum Anstoßen ist.